Pandemie-Nebenwirkungen
Verärgerter Zwischenruf: Muss Corona-Müll wirklich auf der Straße landen?
Unsere Autorin ärgert sich über gedankenlos weggeworfene Masken, Handschuhe und Tupfer in Pandemiezeiten.

Unlängst war ich an der Ostsee. Genauer gesagt am Greifswalder Bodden. Als ich an einem kleinen Hafen ins februartraurige Wasser sah, kamen zwei Corona-Masken angeschwommen. Sie trudelten noch kurz auf den kleinen Wellen und verschwanden dann in der Tiefe des Meeres. Ich erinnerte mich an die KURIER-Schlagzeile „Corona vermüllt die Welt“.
Anlass war ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach auf der Erde durch die Corona-Pandemie und die entsprechenden Schutzmaßnahmen Zehntausende Tonnen zusätzlicher Müll anfallen. Diese bedrohten die "Gesundheit von Mensch und Umwelt", warnt die WHO. Ich sorge mich erstmal um Spree, Havel und unsere geliebte Ostsee.
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Die WHO mahnt, dass in vielen Ländern die Entsorgungssysteme im Gesundheitswesen stark belastet oder überlastet sind. In Berlin und Brandenburg fragt man sich aber auch, ob das Zeug wirklich auf der Straße rumliegen muss. Wir kennen es alle: Auf den Bürgersteigen liegen alte Masken jeglicher Farbe und Form herum, Einweghandschuhe werden vom Wind durch den Park gepustet und im Rinnstein gammeln Nasen-Tupfer vor sich hin.
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Wer schmeißt den Müll einfach in die Landschaft?
Einmal bin ich sogar in eine Test-Kassette getreten. Ich fluchte ungehörig und fragte mich, wer macht sowas? Diesen Müll, der im schlimmsten Fall infektiös ist, einfach so dem öffentlichen Raum überlassen. Ist es Absicht? Oder steckt nur die gleiche Gedankenlosigkeit dahinter, die einen Raucher auszeichnet, der seine Kippe an der Haltestelle fallen lässt, wenn der erwartete Bus um die Ecke biegt.
Ich las mal ein Interview mit einem Psychologen, der gefragt wurde, warum manche Menschen überflüssige Dinge einfach so in die Landschaft schmeißen. Er meinte, was man nicht mehr brauche, entsorge man in der Wegwerfgesellschaft eben wo man geht oder steht.
Die alten Normen gelten wohl nicht mehr
Das liege auch an fehlenden Normen, die sagen, dass man das nicht tun solle. Und der Psychologe betonte weiter, vor 30 oder 40 Jahren, da gab es noch eine Verhaltensvorschrift, dass man Abfall nicht einfach auf den Boden wirft. Diese Norm habe aber im Laufe der Jahrzehnte ihre Wirkungskraft eingebüßt, und deswegen sei diese Unsitte nun deutlich verbreiteter als früher.
Nun kann aber niemand sagen, dass es für den Umgang mit Corona-Müll keine Regeln gebe. Auf der Internetseite der Berliner Stadtreinigung ist alles genau erklärt. Etwa, dass Masken, Einweghandschuhe und gebrauchte Taschentücher in reißfesten und verschlossenen Plastiksäcken in den Restmüll gehören. Corona-Schnelltests seien in einem reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnis (z.B. dickwandiger Müllsack) ebenfalls im Restmüll zu entsorgen – idealerweise mit der Doppelsack-Methode, zumindest aber müsse das jeweilige Behältnis verschlossen werden. Verständlich erklärt, wie ich finde.
Dennoch landet vieles auf der Straße, verschandelt die Umwelt, ist im Zweifelsfall sogar gefährlich. Wer in Berlin einen Kaugummi achtlos in die Gegend spuckt, kann nach aktuellen Regeln mit einem Bußgeld zwischen 80 und 120 Euro bestraft werden. Ich vermute, das passiert nicht oft in der Stadt. Deshalb würden wohl auch Coronamüll-Regeln ins Leere laufen. Wenn man Experten zuhört, steht uns der Scheitel der aktuellen Infektionswelle noch bevor. Wir werden uns also noch eine Weile schützen. Doch ich hoffe dennoch, dass ich im Sommer in der Ostsee keine schwimmenden Masken mehr sehen muss.

Claudia Pietsch schreibt montags im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com