Bromhexin, Pulmotin, Sanopin und Kamillan: Waren die DDR-Medikamente besser?
Geh mir weg mit Vick Vaporub – im Osten schwört man bei Erkältung und Co. auf Bromhexin und Pulmotin.

Mit Husten und dickem Kopf auf der Couch: als Kind im Osten hieß das, dass die Frau Mama regelmäßig mit einem Teelöffel voller Bromhexin-Tropfen aufkreuzte. Damit ich das Zeugs auch schluckte, wurde es auf einem weißen Häufchen Zucker kredenzt. Würden Bio-Muttis in Pankow heute wahrscheinlich nicht mehr machen. Dazu wurden Brust und Rücken mit Pulmotin eingerieben und anschließend mit einem warmen Handtuch umwickelt. So bewegungsunfähig gemacht und benebelt von ätherischen Düften ließ es sich aushalten.
Lesen Sie auch: Tricks für Lockdown und Abstand: So pflegen Sie Freundschaften in Zeiten der Pandemie!>>
Ich erinnere mich gern an die Medizin des Ostens. Ohne Bromhexin, Kamillan und Sanopin ging in kaum einem Haushalt in der DDR etwas. Aber gibt es die heute überhaupt noch? Ich machte mich auf die Suche und wurde von alte Bekannten überrascht. Die Mittel, die Millionen von DDR-Bürgern Linderung verschafften, gibt es noch immer. Sanopin und Kamillan haben die Wende unbeschadet überstanden und sind in den Apotheken frei verkäuflich. Auch das Kindheitstrauma Bromhexin kann ich meinen Kindern noch angedeihen lassen – auf Zucker versteht sich.
Klassiker: Sanopin, Imidin und Kamillan sind alte DDR-Bekannte
Wir spülen also ab sofort die Mundhöhle bei Reizungen wieder mit Kamillan aus. Nicht mit Kamillosan wie das Westpendant heißt. Das Mittel aus DDR-Zeiten kommt heute aus moderner Produktion noch immer aus Wernigerode und enthält Stoffe der echten Kamille und Schafgarbe. Ebenso wird in Wernigerode das Schnupfenmittel „Imidin“ hergestellt.
Auch Sanopin – Sie wissen schon, das mit den Kiefernnadeln - hat die Wende unbeschadet überstanden. Bei Schupfen und Heiserkeit ist der Ost-Klassiker zur Inhalation bewährt. Mittlerweile in Ost und West.
Lesen Sie auch: Kalte Füße, warme Herzen: Berlinerinnen stricken für Obdachlose Socken und Handschuhe>>
Und Bromhexin? In der DDR wurde das Medikament in Magdeburg bei Fahlberg-List, einem der bedeutendsten Chemie- und Pharmaziebetrieben in der DDR hergestellt. Für 2,45 Ostmark Einheitspreis war es zu haben. Auch Berlin-Chemie in Adlershof produzierte Bromhexin. Im Pharmakologie Journal erfährt man, dass Bromhexin in den 60er-Jahren aus dem Inhaltsstoff des Indischen Lungenkrauts entwickelt wurde. Das Kraut aus dem Himalaja, wird in der ayurvedischen Medizin seit mehr als 3.000 Jahren gegen Erkrankungen der Atemwege eingesetzt.
Ayurveda in der DDR - in Form von Tropfen
Wer hätte das gedacht, Ayurveda in der DDR. Auch das schleimlösende Bromhexin-Produkt aus dem thüringischen Meuselbach ist heute weiter erhältlich. 2019 übernahm Hermes Arzneimittel das Produkt vom früheren Hersteller Krewel-Meuselbach und vertreibt es wird jetzt unter dem Namen ‚Bromhexin Hermes Arzneimittel‘“.
DDR-Pharmahersteller nach der Wende aufgekauft
Viele der DDR-Hersteller wurden nach der Wende aufgekauft, so erwarb etwa der nordrhein-westfälische Hersteller Krewel in den 1990er Jahren die Thüringer Firma Meuselbach mit den Marken Hedelix und Gargarisma. Bayer kaufte Jenapharm, Menarini übernahm Berlin-Chemie, Klosterfrau und Ricola gemeinsam schluckten Krügerol - auch so ein Klassiker, der bei jedem Halskratzen bei uns zum Einsatz kommt. Gern auch aufgelöst in Mich - ein Rezept der Oma.
Pulmotin-Salbe aus Bernburg
Doch es gibt auch Unternehmen, die sich eigenständig mit Ostprodukten behaupten. Das Serumwerk Bernburg etwas stellt wie eh und je die Einreibungssalbe Pulmotin her. Das Werk wurde von ehemaligen Mitarbeitern übernommen und weiter geführt. Ebenso der Teehersteller Bombastus. „Heute hat die Erkältungssalbe Pulmotin etwa einen Marktanteil von 38% in den neuen Bundesländer. Hier ist die Salbe seit Jahren fest etabliert, während sie es im Westen recht schwer hat, gegen die dort traditionellen Marken aufzutreten“, schreiben die Bernburger. Auch bei uns liegt eine Tube Salbe im Arzneischränkchen. Der Westen cremt stattdessen traditionell mit Vick Vaporub.
Alle KURIER-Kolumnen finden Sie hier>>
Und ja, es gibt immer wieder Kunden, die gezielt nach „ihren“ alten Ost-Produkten fragen, sagt mir die Apothekerin meines Vertrauens. Manchmal ist es nur noch der Name, der an die Vergangenheit erinnert, manchmal ist der Produktionsort der gleiche geblieben. Aber wie ist es mit Medizin im Osten wie im Westen? Hauptsache es hilft. Gute Besserung!