Kennen Sie „Dad Jokes“? Warum ich an diesen furchtbaren Witzen merke, dass ich älter werde
KURIER-Autor Florian Thalmann hasste die furchtbaren Sprüche, die besonders gern von Männer im mittleren Alter gerissen werden, immer. Doch nun macht er sie plötzlich selbst...

Woran merken Sie, dass Sie älter werden? Es gibt dafür verschiedene Anzeichen. Manchmal, wenn man morgens aufsteht, zwickt es hier und da. Der Rücken schmerzt, vielleicht die Hüfte. Manche Dinge gehen nicht mehr so schnell wie noch vor ein paar Jahren.. Ich bin gerade 32 Jahre alt, deshalb sind mir diese Phänomene zum Glück noch fremd – aber wenn ich in Berlin unterwegs bin, stelle ich immer wieder ein anderes Anzeichen dafür fest, dass der Zahn der Zeit auch an mir nagt.
Lesen Sie dazu jetzt auch: Trauriges Tier-Schicksal: Wer gibt Mäuschen eine Chance? Was diese süße Katze erleben musste, ist unglaublich ... >>
Woran merkt man, dass man älter wird, wenn es nicht an den Schmerzen liegt? Sie werden lachen, aber ich meine es ernst: Ich mache immer häufiger sogenannte „Dad Jokes“. Haben Sie davon schonmal gehört? „Dad Jokes“ – übersetzt „Vater-Witze“ – sind relativ kurze Witze, die in bestimmten Situationen witzig sein sollen. Doch genau genommen sind sie einfach nur flach, peinlich und in vielen Fällen alt. Das heißt: Solche Sprüche wurden schon tausendfach gerissen, was manche trotzdem nicht daran hindert, damit das Umfeld belustigen zu wollen. Manche heißt in diesem Fall: Männer mittleren Alters, „Dads“, „Väter“.
Zum Bleistift: Das sind die schlimmsten Dad Jokes
Zu den typischen „Dad Jokes“ gehört beispielsweise die Frage „Gibt’s hier was umsonst?“, wenn der „Dad“ zu einer wartenden Personengruppe stößt. Ebenfalls beliebt: Wird der „Dad“ um eine Zigarette und Feuer angeschnorrt, raunt er gern zurück: „Aber rauchen kannst du alleine?“ Wenn jemand gähnt, bemerken echte „Dads“ gern: „Mund zu, es zieht!“ Und angesichts eines besonders hohen Preises im Supermarkt kann der Dad wählen zwischen „Ist das aus Gold?“ und „Ich wollte eigentlich nicht den ganzen Laden kaufen!“.
Auch im Restaurant bieten sich allerlei Gelegenheiten. Wenn sich der Kellner vorstellt mit den Worten „Guten Abend, ich bin heute Ihr Kellner“, dann antwortet der geneigte „Dad“ gern: „Guten Abend, ich bin heute Ihr Gast“. Und gibt dann mit dem Spruch „Ich hätte gern einen Fußgänger. Ach nee, einen Läufer. Ach nee, ein Radler!“ seine Getränke-Bestellung auf. Und natürlich gehören auch die ganz erbärmlichen Kalauer dazu. Zum Beispiel „zum Bleistift“ als Ersatz für „zum Beispiel“.
Ich fand solche Sprüche immer schlimm – „junge Leute“, wenn ich sie mal so nennen darf, finden Witze mit laaaaangem Bart einfach unerträglich. In der letzten Zeit fällt mir aber leider auf, dass auch mir immer häufiger solche Sprüche entfleuchen… und dabei bin ich nicht einmal ein echter „Dad“! Etwa neulich: An einem der letzten warmen Sommerabende war ich mit Freunden im Freiluftkino. Wir waren recht früh da, weil wir Angst hatten, keinen freien Liegestuhl mehr zu bekommen.
Dad Jokes passieren einfach – man kann nichts dagegen tun
Der erste Gang ging zum Getränkestand. Weil die Mitarbeiter noch mitten im Aufbau-Prozess waren, bekamen wir zwar unsere Getränke – aber die Dame an der Theke musste sich erst bei ihren Kollegen nach dem Preis erkundigen. „Wir haben noch keine Preisschilder“, sagte sie entschuldigend. Darauf ich: „Wir nehmen es auch umsonst.“ Ist mir so rausgerutscht, aber nur Sekunden später war es mir wahnsinnig unangenehm. Mindestens genauso schlimm wie der „Dad Joke“, wenn es im Restaurant an die Bezahlung geht. „Wie wollen Sie zahlen, bar oder Karte?“ – „Am besten gar nicht!“
Jetzt auch lesen: Der Herbst kommt – und bringt Spinnen mit! Was Sie über die Achtbeiner und die neue Nosferatu-Spinne wissen müssen >>
Andere Situation: Mit Freunden besuche ich das Gruselkabinett „Dungeon“ mitten in Berlin. Wir warten am Eingang des Show-Bereichs auf den Start, als eine Mitarbeiterin kommt und der Gruppe – etwa 30 Personen – die Regeln erklärt. Weil es starke Lichteffekte gibt, fragt sie: „Hat jemand von euch Epilepsie?“ Ich denke, dass ich pfiffig bin, und antworte: „Noch nicht!“ Mein Gott! Darüber musste ich so lachen, dass es unangenehm war. Bis mir die Frau bescheinigte: „Den Witz höre ich jeden Tag zehnmal.“
In letzter Zeit sage ich auch immer wieder „Leg‘ dich wieder hin“, wenn sich ein Telefonat dem Ende neigt. Und neulich habe ich, als es scharfes Essen gab, sogar den König der „Dad Jokes“ ausgepackt: „Das brennt bestimmt zweimal.“ Und auch „So jung kommen wir nicht mehr zusammen“ beim Treffen mit Freunden gehört definitiv zur abgelaufenen Kalauer-Fraktion, die mir gar nicht mehr so fremd erscheint. Furchtbar! Ich komme eben scheinbar in dieses Alter.
Nur: Was tun? Es ist nicht so, als könnte man das kontrollieren. Eine Pointe ins Gespräch einzustreuen ist wie ein Reflex: Natürlich denkt man kurz darüber nach, doch meist findet man es komisch – also sagt man es. Ich werde in Zukunft auf jeden Fall versuchen, etwas besser auf die Qualität meiner Sprüche zu achten. Schließlich bekomme ich schon jetzt regelmäßig leicht genervte Blicke. Und wenn das zur Regel werden sollte, kann man nur sagen: Herzlichen Glühstrumpf.
Florian Thalmann schreibt eigentlich jeden Mittwoch über Tiere - aber manchmal auch montags über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com