Mit dem Fahrrad unterwegs an frischer Luft  weckt Frohsinn und spart obendrein noch Auto-Abgase.
Mit dem Fahrrad unterwegs an frischer Luft weckt Frohsinn und spart obendrein noch Auto-Abgase. Eugenio Marongiu/Imago

Liebe Leserin und lieber Leser,

wie denken Sie darüber? Ist es jetzt angebracht, sich in einigen Dingen zu begnügen?

Abends klingelt eine Nachbarin und fragt, ob ich während der Winterferien ihre Katze füttern könnte, sie fliege in dieser Zeit mit Mann und Sohn „mal schnell nach New York“, die Stadt sei so „wahnsinnig toll“ und die Flüge gerade „wirklich preiswert“. Ja, natürlich kümmere ich mich um Kätzchen Isolde. Die Einzelheiten sind schnell besprochen.

Weniger schnell verschwinden meine Gedanken um diese Reise. Noch vor ein paar Monaten hätte ich mich interessiert erkundigt, welche Unternehmungen sie in der Metropole planen. Ob Central Park, Times Square, Broadway und MoMA auf dem Plan stehen. Heute wachsen in mir umgehend die Zweifel, ob eine so weite Flugreise für so wenige Tage eine gute Idee ist. Meine innere Stimme sagt ein lautstarkes Nein. Müll trennen, Plastik aus dem Alltag verbannen, Bioprodukte kaufen und dann „mal schnell nach New York“ – das passt für mich nicht zusammen.

Diese klare Aussage macht mich zugleich nachdenklich, denn Verzicht, Genügsamkeit oder Mäßigung klingen wie aus der Zeit gefallen. Nein, ich meine nicht die Extremfälle, also Menschen, die ohne Budget auf Reisen gehen oder ihre Kleidung und Möbel verschenken, um minimalistisch ohne Besitz zu leben. Ich meine den Verzicht auf ständig wachsenden Konsum, auf immer das neuste Modell – sei es bei technischen Geräten oder Kleidungsstücken.

Die meisten Menschen durchleben gerade eine herausfordernde Zeit

Die meisten Menschen durchleben gerade eine vielfältig herausfordernde Zeit. Die Welt ist voller Krisen, wir sorgen uns um die eigene Existenz und die des Planeten. Sind wir all dem schutzlos ausgeliefert? Ich denke nicht, denn jede und jeder Einzelne bestimmt mit seinem Handeln, wie wir leben. Klingt wie ein Kalenderspruch? Ich denke nicht.

Ein Beispiel: Die ersten, die im Berliner Berufsverkehr vom Auto aufs Fahrrad umstiegen, wurden belächelt. Doch es wuchs eine Bewegung, die nicht nur unsere Stadt umkrempelt. Wie haben Sie reagiert, als der Politiker Winfried Kretschmann anregte, nicht mehr ein- bis zweimal täglich zu duschen? Man muss kein Matheabitur haben, um nachzuvollziehen, was millionenfach praktiziert unterm Strich herauskommt. Kleine Schritte haben durchaus das Potenzial, sich zu etwas Großem zu mausern, wenn diese Schritte unser Denken bewegen. Wenn ich manchmal meinen Alltag reflektiere, stelle ich mir die schlichte Frage, was ich wirklich brauche, um glücklich zu sein. Materielle Dinge nehmen da nur sehr selten Spitzenplätze ein.

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Es ist wirklich nicht schwer, ab und zu aus den gewohnten Denk- und Verhaltensmustern ausbrechen und zu überlegen, ob es auch anders geht, nämlich so, dass im Ergebnis gute Veränderungen stehen.

Weniger ist mehr!

Meint Ihre Sabine Stickforth

KURIER-Autorin Sabine Stickforth schreibt jeden Dienstag über das Leben über 50 in Berlin.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.