Im Osten fischt man das Glück mit dem Haken! Kein Wunder, dass in der DDR Angler die erfolgreichsten Sportler waren
Der Autor ist selbst Petrijünger und staunt über die große Angelleidenschaft in unserer Region.

Wissen Sie, sogar an diesen nasskalten und grauen Tagen bin ich oft der glücklichste Mensch auf der Welt. Immer dann, wenn ich mit meinem Angelzeug unterwegs bin, am Gewässer die Stille der Natur genieße und so von den Alltagssorgen und Alltagsstress abschalten kann.
Allerdings hat die Sache einen Haken. Denn den brauche ich, wenn das Anglerglück perfekt sein soll. Gerade jetzt stehen die Chancen gut, Hechte zu fangen, die sich derzeit auf jeden Happen stürzen, weil sie sich Fettvorräte für den Winter anfressen. Nichts geht doch über einen selbstgefangenen Fisch, der dann abends frisch zubereitet auf dem Tisch landet.
Alle KURIER-Kolumnen finden Sie auf unserer Kolumnen-Seite! >>
Mit diesem Gefühl bin ich nicht allein. Immer mehr Menschen trifft man an den Flüssen und Seen in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, die dort wie ich ihr Glück versuchen und finden. Es scheint, als wäre man im Osten dieses Landes total angelverrückt. Und das schon seit langem.

Ein Indiz dafür fand ich gerade in einem alten Zeitungsartikel, in dem es um den DDR-Sport ging. Sie werden es nicht glauben, was ich da las: In der einstigen Sportnation DDR waren nicht Schwimmer, Ruderer oder Leichtathleten die Erfolgreichsten, sondern die Angler!
In der DDR holten Turnierangler insgesamt 123 Weltmeistertitel
Im sogenannten Turnierwettkampf „Casting“, bei dem allerdings keine Fische gefangen werden, sondern die Teilnehmer ihre Angelrute auswerfen, um mit einem Sieben-Gramm-Gewicht präzise ein vorgegebenes Ziel zu treffen. Über 7.000 solcher Turnierangler gab es in der DDR. Und sie fingen insgesamt 123 Mal Weltmeistergold (!) bei den internationalen Wettkämpfen. Laut dem alten Zeitungsbericht schaffte die DDR so viele WM-Titel bei keiner anderen Sportart.
An dieser Tradition will man offenbar im Osten wieder anknüpfen. Und so sah man jüngst auf der Berliner Angelmesse wieder einige Casting-Angler aus der Region, die dort ihren Sport zeigten und für ihn warben.

Anglerverrückter Osten: Viel Angelgerät kommt aus unserer Heimat
In den Messehallen unter dem Funkturm bemerkte ich aber auch ein weiteres Indiz, dass der Osten angelverrückt ist, wenn es um den echten Fischfang geht. Denn gefühlt kamen die meisten Aussteller der Angelmesse kamen aus unserer Heimat. Zu ihren Stars gehört der Berliner Zander-Spezialist Sebastian Hänel, der nicht nur Petrijünger auf den ostdeutschen Gewässern zu ihrem Fangglück führt und für führende Branchenmagazinen schreibt, sondern auch mit seiner Firma „Zanderkant“ unter Experten gefragtes Angelgerät vertreibt.
Lesen Sie auch: Auf der Suche nach Ruhe? Angeln Sie sich die Natur!>>

Und die speziellen Kunstköder kommen mittlerweile auch nicht mehr nur aus Fernost. In Nauen haben zwei junge Angler eine Manufaktur, die sich auf die Fertigung von Fischimitaten aus Kunststoff spezialisiert haben.
Allein in Berlin und Brandenburg sind über 94.000 Berliner und Brandenburger in 1400 Angel-Vereinen organisiert. Man merkt, die Angelszene im Osten wächst – auch fern der Heimat. So treffe ich stets Petrijünger aus der Hauptstadtregion, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen oder Thüringen an den Angelteichen in Dänemark oder beim Dorschfangen in den Fjorden Norwegens. Wie gesagt: Der Osten ist angelverrückt.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com