Kiez-Kolumne
Ladesäule „Heinz“ und ich: Warum es zwischen uns einfach nicht klappen wollte
Unsere Autorin nahm den Weg durch die glühende Stadt auf sich, um endlich Heinz kennenzulernen. Sie wurde enttäuscht und hofft nun auf eine zweite Chance.

Heinz, ich habe lange auf dich gewartet. Nun, wo Du da bist und die ganze Prominenz nach der offiziellen Einweihung wieder weg, mache ich mich auf den Weg zu dir. An einem heißen Tag nach Biesdorf, ausprobieren, wie das funktioniert mit dem Laden an der Laterne, das ist der Plan. Denn die Idee ist bestechend einfach und gut. Bestehende Infrastruktur nutzen, da das E-Mobil laden, wo man parkt. Dann darf es auch ein wenig länger dauern, bis der Akku wieder voll ist, wie bei dir Heinz. Also los.
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Heinz, schon dich zu finden ist schwer. An zwei von drei neuen Ladesäulen in der Oberfeldstraße lungern Typen rum, die so gar nichts mit E-Mobilität zu tun haben. Autos, die Diesel tanken (wieder billiger) oder E 10. Einen Stecker haben die nicht. Die anderen stehen legal vor deiner schlanken Gestalt herum, Heinz. Keine Markierung auf der Straße, kein Schild weist auf dich hin. Mir gefällt ja Understatement, aber so mauerblümchenmäßig im Geheimen musst du nun doch nicht an den Laternen herumhängen.
Preis für E-Auto laden wie Ökostromtarif
An der dritten Säule, vor einem sehr neuen, sehr schönen, sehr grauen Haus finde ich dich doch noch – und einen Parkplatz auch.
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Ich bin schon ein wenig aufgeregt, als ich das lange gelbe Kabel aus dem Kofferraum fummle. Ich nähere mich erwartungsvoll und scanne deinen QR-Code. Auf der Seite deines Erfinders Ubricity fühle ich mich gleich willkommen. In einfachen Schritten wird mir erklärt, wie wir zwei endlich zusammen kommen können, was wir tun müssen, damit es funkt. Erst Stecker bei dir, dann Stecker bei mir, erfahre ich. Dein grünes LED-Lämpchen leuchtet verheißungsvoll. Mit 3,7 Kilowattstunden und zu einem Preis von 42 Cent pro Kilowattstunde wirst du mich gleich elektrisch aufladen.
Den Preis finde ich okay, er entspricht etwa dem, was man auch zu Hause für einen Ökostromtarif zahlen muss. Schließlich kommt auch bei dir grüner Strom aus dem Kabel. Klar, es gibt billigere Lade-Typen, die noch dazu schneller sind. Aber ich bin auf eine langfristige Bindung aus.
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So Heinz, unsere Verbindung via Kabel steht, nun muss ich nur noch meine Kreditkartendaten angeben. Während ich auf das Handy schaue und auf die Bestätigung warte, blinkst du schon einmal grün. Gleicht geht es los, freust du dich?
Erst grün leuchten und dann den Rückzieher machen
Doch dann kommt die jähe Enttäuschung. Ein Fenster auf dem Handy ploppt auf. Du bist noch gar nicht richtig in Betrieb genommen, steht da. Heinz, so haben wir nicht gewettet. Erst grün leuchten und dann den Rückzieher machen. Erst große Erwartungen wecken und dann tote Hose. Nichts funkt hier zwischen uns.
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Dabei habe ich mir unsere gemeinsame Zukunft schon ausgemalt. In Pankow, wo ich wohne, hat die örtliche CDU-Fraktion gerade erst gefordert, dass wir auch Laternenladepunkte wie dich bekommen.
„Eine Anfrage an das Bezirksamt hatte zuvor deutlich gemacht, dass im gesamten Bezirk Pankow eine mangelnde Versorgung mit leistungsfähiger Ladeinfrastruktur vorliegt. So sind insbesondere im Pankower Norden Lademöglichkeiten bis dato kaum vorhanden“, heißt es etwas gestelzt in der Mitteilung. Laternen haben wir aber viele. Also Heinz, wenn du nach Pankow kommst, gebe ich dir noch eine Chance. Aber fürs erste trete ich etwas enttäuscht den Rückzug an. So was solls ja geben, Liebe auf den zweiten Blick.
Stefanie Hildebrandt schreibt regelmäßig im KURIER über Berlins Kieze und den Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com