Gibt‘s nicht, haben wir nicht: Die vier Hauptfeinde der DDR sind wieder da!
Waren-Engpässe in Läden wie einst im Osten – ist der Ukraine-Krieg wirklich schuld daran?

Ging es Ihnen genauso? Sie waren Einkaufen und fanden in den Regalen bestimmte Artikel des alltäglichen Bedarfs kaum oder gar nicht mehr vor. Oder sie haben ein elektrisches Gerät bestellt und die Lieferung verschiebt sich auf Ewigkeiten, weil es momentan an bestimmten Teilen mangelt. Gibt's nicht, haben wir nicht, hört man dann. Irgendwie kommt mir das aus vergangenen DDR-Zeiten sehr bekannt vor. Ich glaube, die vier Hauptfeinde des Ostens sind wieder da!
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Wer in der DDR aufgewachsen ist, kennt sie: Frühling, Sommer, Herbst und Winter, die vier Hauptfeinde des Sozialismus! Im Scherz gab damals die Bevölkerung im Osten dem Wetter und den Jahreszeiten die Schuld, wenn es in der DDR-Wirtschaft an etwas mangelte. Dabei waren die wahren Ursachen durchaus bekannt. Die staatliche Fehlplanung, Misswirtschaft oder dass der klamme SED-Staat Lebensmittel oder hochwertige Produkte für harte Devisen in den Westen verscherbelte. Natürlich wurde darüber nicht öffentlich geredet.
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Doch wie ist es heute? Heute sind die vier Hauptfeinde des Sozialismus in anderer Form da. Wochenlang kein Mehl, kein Rapsöl, kein Senf im Supermarkt – der Krieg in der Ukraine ist schuld, heißt es nun anstelle von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wer auf Hamstereinkaufstour nach Polen fuhr, staunte: Da gab es die Produkte im Überfluss.

Ein Bekannter von mir hatte sich im Winter einen Kühlschrank einer deutschen Markenfirma bestellt. Das Gerät hat er jetzt im Hitzesommer noch immer nicht. Auskunft des Händlers: Es gibt Engpässe beim Material wegen des Krieges. Ähnliches hörte ich im Baumarkt, als ich vor Wochen eine Pistole für Silikonkartuschen kaufen wollte. Gab es nicht, der Krieg ist schuld. Genauso wie jetzt an der Inflation.
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Waren-Mangel und Inflation - ist daran der Ukraine-Krieg wirklich schuld?
Anfangs waren der Ukraine-Krieg und die folgenden Hamsterkäufe tatsächlich Ursache für Engpässe im Handel, weil mit einem Schlag auf dem Weltmarkt einer der Hauptlieferanten etwa für Weizen und Rapsöl wegfiel. Ich glaube: Schon längst ist nicht der Ukraine-Krieg an Engpässen oder auch an der Inflation schuld, wie stets behauptet wird, sondern Spekulanten und Händler, die das Kriegsdrama und das Leid unzähliger Ukrainer für sich nutzen, kräftig mit den Waren zu spekulieren, sie künstlich zu verknappen und so die Preise hochzutreiben, um satte Gewinne einzukassieren.

Das sieht man deutlich an den Weltmarkpreisen für Rapsöl. Analysten behaupteten noch vor Wochen, dass im Herbst mit Rekordsummen von über 8oo Euro pro Tonne zu rechnen sei. Und nun gibt es Raps trotz Ukraine-Krieg im Überfluss. Australien und andere Länder erwarten Rekordernten. Die Preise für Raps und auch Weizen krachen nach unten. Und die Spekulanten jammern.
Über die Spekulanten oder gar staatliche falsche Wirtschaftsplanungen in Krisen wird hierzulande aber kaum in der Politik geredet, geschweige angeprangert. So bleibt der Krieg weiter der Schuldige, wenn mal wieder etwas knapp im Lande wird. So wie damals im Osten, als Frühling, Sommer, Herbst und Winter daran schuld waren.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com