Der  Volkspark am Weinberg: Hier findet man inmitten der hektischen Großstadt seine Ruhe.
Der Volkspark am Weinberg: Hier findet man inmitten der hektischen Großstadt seine Ruhe. imago/Schöning

Schönheit kann man auch im Hässlichen finden. Eine Erfahrung, die ich vor kurzen machte, als ich im Kiez um den Rosenthaler Platz in Mitte unterwegs war. Mitten in einer der größten Touristenfallen der Stadt entdeckte ich dort den für mich schönsten Ort im Osten Berlins.

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Ehrlich, bisher galt für mich diese Gegend alles andere als einladend. Hübsch ist anders. Die von Touris belagerten Restaurants und Cafés, die Hektik, der tobende Lärm von der anliegenden Torstraße: Ich habe es nie verstanden, warum dort Stars wie Wim Wenders oder Vicky Leandros wohnen oder wohnten, warum sich dort vor Jahren Brad Pitt und seine damalige Frau Angelina Jolie ein Quartier suchten, wenn sie in Berlin waren.

Leider habe ich mir den Kiez nie genauer angesehen. Und so war ich überrascht, als ich auf dem Weg zu einem Interviewtermin mit einem Schauspieler den schönsten Ort in dieser Gegend entdeckte - den Volkspark am Weinberg. Ich war früh dran und wollte dort ein wenig die Zeit bis zum Treffen überbrücken. Und ich war begeistert. Denn dieser Ort im Osten Berlins strömt eine unbeschreibliche Magie aus.

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Ich hatte mich  unter einer großen Linde gesetzt und spürte sofort, wie eine wohltuende Ruhe durch meinen Körper zog. Obwohl einige Meter weiter der Großstadtlärm tobte, war er an diesem Ort wie durch ein Wunder verschwunden.

Der Rosenthaler Platz gilt als Touri-Falle. Dazu kommt der Verkehrslärm von der Torstraße - eigentlich kein Kiez für Menschen, die Ruhe suchen und finden wollen.
Der Rosenthaler Platz gilt als Touri-Falle. Dazu kommt der Verkehrslärm von der Torstraße - eigentlich kein Kiez für Menschen, die Ruhe suchen und finden wollen. Imago/Joko

Volkspark am Weinberg: Hier findet die gestresste Großstadtseele ihre Ruhe

Vögel zwitscherten wie im Frühling. Auf einer Wiese spielten Mütter mit ihren Kindern. In der Nähe begann ein Musiker seine alte E-Gitarre in einem noch älterem Vox-Verstärker zu stecken und entlockte seinem Instrument erstaunlich leise, mystische Klänge. Das alles wirkte so beruhigend und heilsam. Jeglicher Stress fiel plötzlich von mir ab. Ich dachte nicht mehr an die Arbeit und an das bevorstehende Interview. Meine Gedanken waren plötzlich eins mit der Natur.

Volkspark am Weinberg entstand in den 50er-Jahren. Das wunderschöne Café ist eines seiner Wahrzeichen.
Volkspark am Weinberg entstand in den 50er-Jahren. Das wunderschöne Café ist eines seiner Wahrzeichen. Imago/Schöning

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So einen Moment, wie an jenem Vormittag in diesem Park, habe ich noch nie so intensiv woanders erlebt. Diesen Frieden, den dieser Ort ausstrahlt, spürte nicht nur ich. Auch die anderen Besucher schienen diese Magie ausgiebig zu genießen.

Denn ich sah jugendliche Touristen durch den Park ziehen, die keine Bierflasche in den Händen hielten und krakelten. Es kamen Frauen und Männer mit Hunden, die nicht  die Hinterlassenschaften ihrer Lieblinge liegen ließen, sondern wegräumten. Selbst die Radfahrer hatten ihre sonst so typische Rambo-Manier abgelegt und klingelten und drängten nicht die Spaziergänger von den Wegen. Worüber man sich sonst in anderen Parks aufregt, das gibt es hier am Weinbergsweg offenbar nicht.

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Entstanden ist der Park in den 50er-Jahren aus Ruinen. Einst waren dort Häuser, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. In den 90er-Jahren verkam der Park, wurde zum Domizil der Drogenszene. Dank einer ein Millionen Euro teuren Sanierung (2005) wurde er auf Vordermann gebracht, ist nun zu einem Ort des Friedens geworden.

4,3 Hektar ist er  groß und ich hatte leider nicht so viel Zeit, auch noch den Teich, das Heine-Denkmal oder das herrliche Café im Park zu besuchen. Aber das mache ich beim nächsten Mal. Denn ich werde zu dem schönsten Ort im Osten Berlins zurückkehren – versprochen.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com