Trauer, Schmerz über Verlust und Erinnerung an gemeinsames Erleben. Das fühlen wir auf einem Friedhof. (Symbolbild)
Trauer, Schmerz über Verlust und Erinnerung an gemeinsames Erleben. Das fühlen wir auf einem Friedhof. (Symbolbild) Imago/Photothek

Liebe Leserin und lieber Leser,

Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie den Satz „Der Tod gehört zum Leben“ schon gesagt oder gehört? Zugegeben, er ist banal, weil er die Maßlosigkeit des Verlustes, die Endgültigkeit des Todes und den Schmerz der Trauer verschweigt. Genauso banal ist die Einsicht, dass mit zunehmendem Alter die Zahl der Familienangehörigen, Freundinnen und Freunde steigt, die uns zurücklassen.

Manchmal kündigt sich der Tod an, manchmal steht er am Ende eines langen Lebens und manchmal kommt er mit der plötzlichen Wucht eines Sturms, der zum Orkan wird. Da stehen wir nun im Vakuum des Verlusts, und die Trauer ist wie ein fremdes Reich, in das niemand und nichts Einlass findet. Sie übertrifft jeden bis dahin gekannten Schmerz. „Der Tod ordnet die Welt neu. Scheinbar hat sich nichts verändert, und doch ist alles anders geworden“, beschreibt das Antoine de Saint-Exupéry, bekannt vor allem als Autor von „Der Kleine Prinz“.

Trauer ist die stärkste Strapaze des Menschen

Aus eigenem Erleben weiß ich, dass Trauer die stärkste Strapaze ist, die ein Mensch durchleben muss. Der Tod von Familienangehörigen, Freundinnen und Freunden verändert uns. Je näher uns dieser Mensch stand, desto mehr: Wir ordnen unser Leben neu, bewerten die Dinge anders und vieles im Alltag verliert seine Selbstverständlichkeit. Der Tod ist wie eine offene Wunde, die langsam heilt, aber die Narbe bleibt.

Trauer ist schlimm, aber wichtig.
Trauer ist schlimm, aber wichtig. Imago/IPON

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Vor ein paar Tagen sprach ich mit einer jungen Pfarrerin, die auf dem Land lebt und arbeitet, über den Tod. Sie ging ganz selbstverständlich mit diesem schwierigen Thema um und verwies darauf, dass es früher in den Familien ganz normal war, dass der Verstorbene zu Hause aufgebahrt wurde. Jeder hatte Zeit, sich zu verabschieden.

Wir haben den Umgang mit dem Tod verlernt

Was hat eigentlich dazu geführt, das Lebensende aus unserem Blickfeld zu schieben? Nein, wir können nicht alles der modernes Medizin und dem Zeitgeist unterschieben. Es hat mit jedem von uns selbst zu tun. Wir haben den Umgang mit dem Tod verlernt, Angst vor dem tiefen Schmerz, und ertragen nicht oder nur sehr schwer den Kummer, wenn eine Freundin oder eine Kollegin trauert. Ich habe erlebt, dass viele Menschen meiner Umgebung nicht wussten, was sie sagen sollten oder einfach so taten als sei nichts geschehen. Dabei helfen ein Wort des Trostes, eine Geste, eine stille Umarmung, ein Brief, ein Kartengruß, eine Blume, eine Kerze … Jedes einzelne ist besser als Gleichgültigkeit.

Was bleibt, sind die unzähligen Erinnerungen, Fotos, Briefe, Andenken. Spuren des Lebens. Und ich überlege, wie meine Spuren aussehen. Wer wird sich an mich erinnern? Was bleibt? Was werden meine Kinder ihren Kindern von Oma und Opa erzählen? Ich überlege, grüble, sinniere und denke über das Leben nach.

Feiern wir es – jeden Tag. Das ist alles andere als banal

weiß Ihre
Sabine Stickforth

KURIER-Autorin Sabine Stickforth schreibt jeden Dienstag über das Leben über 50 in Berlin.
Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.