Born, Bautz'ner oder Altenburger? Der scharfe DDR-Geschmack: Ost-Senf ist einfach der Beste!
Bautzner und Born statt Thomy und Co.: In der Ost-West-Familie des Autors ist nun nach langen Hin und Her klar, welche Sorten auf den Tisch kommen.

In unserem Haushalt geht es wie in vielen zu. Jeder will und muss seinen Senf dazugeben. Denn die beliebte Speisewürze gibt den meisten Gerichten erst den richtigen Pfiff. In meiner Ost-West-Familie wurde das zu einem echten Konflikt. Nach jahrelangem „Streit“, ob nun ein Produkt westlich oder östlich der Elbe auf den Tisch kommt, hat nun auch meine aus dem Westen stammende Frau erkannt: Der Senf aus dem Osten Deutschlands ist der Beste.
Das meine Frau zuvor zu Thommy, Löwensenf und Co. griff, hatte eher optische als geschmackliche Gründe. Viele Ost-Senf-Sorten haben meist eine dunkelbraungelbe Färbung, das fand sie eklig. Denn der West-Senf ist eher ansprechend strahlend gelb. Das liegt daran, dass man diesen Fabrikaten häufig Kurkuma beimischte, um diesen Gelbton zu erreichen. Der dunklere Ost-Senf dagegen entspricht dem natürlichen Aussehen der Senfsaaten. Was meiner Frau noch missfiel, dass Bautzner und Co. meist in den typischen Plastik-Bechern und nicht in Gläsern in den Regalen standen.
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Doch neulich griff meine Frau beim Einkauf versehentlich zu einem Glas „Altenburger Bauernsenf“ und war begeistert, wie lecker dieses Ostprodukt schmeckte. Und nun wollte sie auch die anderen Sorten testen, die ich in meiner Vorratskammer horte.

Denn ich bin ein absoluter Senf-Freak. Schon als Kind naschte ich lieber aus dem Senftopf als aus dem Bonbon-Glas. Mein Favorit zu Ostberliner Zeiten war der „Tafelsenf“ vom VEB Feinkost Erfurt. Den Lieblingsgeschmack finde ich heute bei dem scharfen Senf von Born wieder, der quasi der Nachfolger des Produktes aus meiner Kindheit ist, und den es leider nur in wenigen Supermärkten gibt. Scheinbar glauben die Händler, der Bautzner sei der Ost-Senf, auf den alle abfahren.
Nur mit Senf aus Thüringen schmeckt die Bratwurst
Doch das Produkt aus Sachsen ist mir zu süßlich. Ich schwöre, wie die Thüringer, weiter auf den scharfen Born-Senf mit seiner feinen Meerrettich-Note, der besonders zur Rostbratwurst schmeckt. Auch pur schier ist er eine Köstlichkeit. Meine Frau staunt, dass er eine gute Schärfe hat.
In meiner Vorratskammer finden sich aber auch andere Senfsorten. Darunter der mittel scharfe „Altenburger Senf“, der ebenfalls aus Thüringen kommt, geschmacklich etwas süßer als der Born-Senf, aber nicht weniger lecker ist. Meine Frau benutzt ihn nun zum Verfeinern von Saucen oder zaubert daraus eine herrlich schmeckende Vinaigrette für den Salat.
Na, ja und der Bautzner. Ich finde, er nähert sich geschmacklich und auch im Aussehen immer mehr dem West-Senf an, kommt nur dann auf den Tisch, wenn Born und Altenburger mal wieder im Supermarkt nicht zu bekommen sind.

Es ist schon verwunderlich, wie Senf zu einem Ost-West-Konflikt werden kann. Denn im Grunde besteht das ganz normale Produkt nur aus Senfsaat, Zucker, Wasser und Branntweinessig. Aber vielleicht machen die Gewürzzutaten, die nie auf den Gläsern und Bechern genau angegeben werden oder der Feinheitsgrat des Mahlens der Senfsaat den Unterschied aus.
Jetzt, wo meine Frau auf den Geschmack gekommen ist, will sie noch weitere Ost-Senf-Sorten testen. Ihr scharfer Plan: Wir laden Freunde zu einer Senfverkostungsparty ein. Eigentlich bin ich ja ein Feier-Muffel. Aber eine Ost-Senf-Party wäre ganz nach meinem Geschmack.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
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