Stille, Weite, Fluss und Kultur
Der Osten vom Osten – warum Sie unbedingt mal wieder ins Oderbruch müssen
Die Uckermark kann einpacken: Unsere Autorin hat sich in den Landstrichdirekt an der Grenze zu Polen verguckt.

Ganz im Osten, da wo man von Brandenburg aus mit einem Steinwurf Polen erreichen kann, da habe ich mich in eine Landschaft verliebt. Das Oderbruch, das ist wenn Millionen von Grashalmen sich im Wind wiegen, verlassene Gehöfte entlang des Radwegs an der Oder locken, wo am wilden Fluss immer wieder Überraschungen auftauchen, die zum Anhalten einladen. Auf einer Radtour mit Übernachtung im Schäferwagen im Örtchen Kienitz haben wir Erstaunliches entdeckt. Und hatten dabei keinen Schimmer, dass das Oderbruch die erste Kulturlandschaft in Europa ist, die das Europäische Kulturerbe-Siegel erhält. Offiziell verliehen wird der Titel am 13. Juni 2022 in Brüssel. Spätestens dann wird der wunderschöne Landstrich in aller Munde sein.
Von Berlin ist man in anderthalb Stunden im Oderbruch
Von Berlin sind es bis ins Oderbruch nur rund anderthalb Stunden. Das frühere Sumpfgebiet ließ einst König Friedrich II., der „Alte Fritz“, trocken legen und von neuen Bewohnern besiedeln. Das lässt sich auch heute noch an vielen Ortsnamen erkennen: Sie heißen Neureetz, Neulietzegöricke oder Neuküstrinchen. Ebenso sind auch französisch lautende wie Vevais oder Croustillier darunter. So ungewöhnlich wie manche Dorfnamen hier klingen, so eigensinnig ist auch die flache, weite Landschaft.
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Nach einer Nacht im Schäferwagen entdecken wir zuerst das Panzerdenkmal in Kienitz, es macht nachdenklich, dass hier die Rote Armee das erste Mal deutschen Boden betrat, um Nazideutschland zu befreien. Auch bei Seelow zeugen Denkmale von einer bewegten Vergangenheit. Wer den Ort in Richtung Küstrin passiert hat, dem fällt unweigerlich das monumentale, über vier Meter hohe Denkmal eines sowjetischen Soldaten ins Auge.
Das unmittelbar nach dem Sieg über Nazideutschland errichtete Denkmal gehört wie der benachbarte sowjetische Soldatenfriedhof zur Gedenkstätte Seelower Höhen. Hier wird daran erinnert, dass die Geschichte des Oderbruchs nicht nur von seiner Kultivierung in der Ära Friedrich des II. geprägt wurde, sondern im Frühjahr 1945 die Kulisse für eine der entscheidenden Schlachten in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs bildete.

Galerien, Kirchen und Museen laden Radler im Oderbruch zur Rast
Das Oderbruch, das wir heute erleben dürfen, ist zum Glück über alle Maßen friedlich und freundlich. Bezaubernde Galerien am Wegesrand laden zum Stöbern, eine alte Kirche in Kienitz, in deren Überresten ein allerliebstes Café entstanden ist, lädt zur Ruhe ein. Am Kulturhafen Groß Neuendorf kann man sich mit riesigen Schaukeln am Verladeturm in den sehr weiten Himmel über der Oder schwingen. Dort gibt es für Eisenbahnfans auch besondere Quartiere in ehemaligen Bahnwaggons der Oderbruchbahn. Sie stehen direkt am Fluss und bieten einen grandiosen Ausblick auf die Oder.

Kultur wird im Oderbruch groß geschrieben
Nicht unerwähnt lassen darf man natürich das Theater am Rand in Zollbrücke. Akteure und Betreiber des wohl östlichsten Theaters in Deutschland sind der Akkordeonist Tobias Morgenstern und Schauspieler Thomas Rühmann, bekannt aus der ARD-Serie „In aller Freundschaft“. Wer noch mehr Kultur mag, dem sei ein Besuch im Filmmuseum „Kinder von Golzow“ empfohlen. In der gleichnamigen Langzeit-Dokumentation, die zu DDR -Zeiten begann, wird die Geschichte am Beispiel von 18 Porträts von Jungen und Mädchen aus Golzow von 1961 über die Wendezeit bis zum Jahr 2005 lebendig.
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Diese besondere Region ist allemal einen Besuch wert, von Berlin nimmt man den Regionalexpress RE3 bis Eberswalde oder den RE1 bis Frankfurt (Oder). Dort kann man umsteigen in die Regionalbahn RB60, die durchs Oderbruch fährt und beide Städte verbindet. Im Oderbruch selbst fährt zudem die Bus-Ausflugslinie 879, die unter anderem in Bad Freienwalde sowie Wriezen hält und auf die Fahrzeiten der Bahn abgestimmt ist.
Stefanie Hildebrandt schreibt regelmäßig im KURIER über Berlins Kieze und den Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com