„Das Haus der Träume“: DARUM kommt die RTL-Serie genau zur richtigen Zeit
Die RTL-Serie spielt im Berlin der späten 1920er Jahre. Für unseren Autor ist sie die beste Exit-Option.

Erinnern Sie sich noch an den Herbst 2018? Damals schien ganz Fernsehdeutschland in Aufruhr. Mit „Babylon Berlin“ kam ein wahres Serien-Epos ins deutsche Fernsehen. Die Geschichten die auf Volker Kutschers Kriminalroman „Der Nasse Fisch“ basierten, fesselten die Menschen vor dem Fernseher. Kurz vor dem Start der 2020er Jahre holte die Serie das Publikum in die 1920er, die für einige wenige „golden“ waren, für die allermeisten aber bittere Armut bedeuteten und in denen sich rechte Kräfte formieren konnten.
Eine spannende Zeit, nicht nur aus Historiker-Perspektive, sondern auch vor dem Fernseher. Doch dann kam die Corona-Pandemie und wir konnten ganz real dabei zuschauen, wie rechte Kräfte sich formieren, die Reihen schließen und mit Angst vor vermeintlichen Bedrohungen wie schützenden Masken oder in einer nie dagewesenen Größenordnung getesteten Impfungen immer mehr Anhänger generieren.
Doch anders als bei „Babylon Berlin“ stellte sich Gereon Rath-Schauspieler Volker Bruch nicht gegen diese geschürte Angst, er ging ihr selbst auf den Leim, ließ sich von ihr blenden und liebäugelte nach zwei Videoaktionen im Netz sogar mit der rechtsoffenen Kleinpartei Die Basis, deren Funktionäre durch antisemitische Äußerungen auffielen.
Vierte Staffel „Babylon Berlin“: Gucken oder nicht?
Nun kommt die vierte Staffel von „Babylon Berlin“ raus. Und ich habe mich lange gefragt: Kann ich hier nicht zwischen Werk und Schauspieler trennen? Ich kam zu dem Schluss: Ich kann nicht, und ich möchte auch nicht. Denn ich könnte, wenn ich Gereon Rath als aufrechten Polizisten gegen durch Gewalt, Falschinformationen und antisemitische Herze erstarkende Nationalsozialisten ermitteln sehe, nicht ausblenden, wofür Schauspieler Bruch in den letzten 20 Monaten stand.

Natürlich tut es mir um die Serie weh, darum tolle Schauspielerinnen und Schauspieler wie Liv Lisa Fries oder Lars Eidinger nicht mehr in Aktion zu sehen, doch es würde mir wohl einfach keinen Spaß mehr machen, sobald Gereon Rath ins Bild käme, in dem ich stets nur Volker Bruch sehen würde, und der ist bei „Babylon Berlin“ nun mal keine Nebenfigur.
„Das Haus der Träume“ macht „Babylon Berlin“-Schlussstricht leicht
Was mir die Abkehr von der Serie leichter macht ist ist „Das Haus der Träume“, das für diesen Herbst weit oben auf meiner TV-Wunschliste steht. Denn die Serie, die zunächst bei RTL+ und später im Free-TV zu sehen sein wird, spielt ebenfalls im Berlin der späten 1920er Jahre. Protagonistin ist die junge Jüdin Vicky Maler, die wenige Jahre vor einer dramatischen Zeitenwende versucht in der Hauptstadt Fuß zu fassen und eine Stelle als Verkäuferin im Kaufhaus Jonass ergattert, das den Rahmen für die ganze Geschichte bieten wird.
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Das Kaufhaus Jonass existierte übrigens wirklich und auch das Gebäude steht noch. Nach der Enteignung der jüdischen Eigentümer wurde es die Zentrale der Hitlerjugend, später die der SED. Heute dient es als Soho-Haus den Gutbetuchten als Eventlocation und Hotel. Einen besseren Bogen zu den 20er Jahren kann man kaum spannen.
Ob die Story von „Das Haus der Träume“ wirklich so spannend wird, wie die von „Babylon Berlin“ darf freilich bezweifelt werden. Eine gute Exit-Option ist es allemal.
Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
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