Im Herbst kann man es sich ohne schlechtes Gewissen vor dem Fernseher gemütlich machen.
Im Herbst kann man es sich ohne schlechtes Gewissen vor dem Fernseher gemütlich machen. Imago/Westend61

Der Herbst steht vor der Tür: Für Meteorologen hat er bereits am 1. September angefangen, laut Kalender ist der 22. September der Startschuss – und irgendwann wird auch das Wetter nachziehen und mit Regen, Nebel und niedrigeren Temperaturen um die Ecke kommen. Dunkel wird es jetzt bereits ziemlich zeitig. Und mit dem Wechsel der Jahreszeit werden wir auch wieder mehr vor dem Fernseher sitzen.

Studie zeigt: Je schlechter das Wetter, umso mehr wird TV geschaut

„Nein!“,sagen Sie? Sie lassen sich doch nicht vom Wetter vorschreiben, wie Sie Ihre Zeit verbringen? Das mag im Einzelfall vielleicht stimmen, doch vor knapp 20 Jahren haben Forscher der Uni in Dortmund einen Zusammenhang zwischen dem Wetter und den Fernsehgewohnheiten festgestellt.

Natürlich lassen sich die Ergebnisse nicht mehr eins zu eins auf die heutigen Zeit übertragen, da die Nutzung visueller Medien bei den meisten Menschen in Deutschland längst über den Fernseher und das lineare Programm hinausgeht. Es gibt Tablets, Laptops und Handys, mit denen man von nahezu überall Zugriff auf zahlreiche Streamingdienste hat. Doch der Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und Wetter dürfte in groben Zügen bestehen bleiben.

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Denn die beiden Wirtschaftswissenschaftler Armin Rott und Stefan Schmitt untersuchten damals 54.000 Daten zu Sehdauer, Niederschlag, Temperatur, Tageslicht, Kalender und Programm zwischen 1996 und 2000. Herauskam, dass nicht das Programm, sondern Wetter und Jahreszeit extrem entscheidend für die Fernsehdauer der Deutschen waren.

Die beiden Wissenschaftler ließen sich sogar zu sehr detaillierten Aussagen hinreißen: Jedes zusätzliche Grad auf dem Thermometer senke die Sehdauer demnach um 1,4 Minuten. Und jede zusätzliche Stunde Sonnenschein ziehe noch einmal 1,7 Minuten von der Sehdauer ab.

Für den Herbst mit seinen bewölkten, kalten und ohnehin kürzeren Tagen bedeutet das natürlich eine längere Sendezeit. Und dabei dürfte es egal sein, ob damit der klassische Fernseher, ein Youtube-Video auf dem Handy oder eine Serie auf Netflix gemeint ist.

Herbst kann schön sein, er kann aber auch richtig ungemütlich sein. Und dann sitzt man gerne vor dem Fernseher.
Herbst kann schön sein, er kann aber auch richtig ungemütlich sein. Und dann sitzt man gerne vor dem Fernseher. Imago/Photothek

Auch ich schaue im Herbst mehr Fernsehen

Das merke ich, die Wissenschaft mal bei Seite gelassen, auch ganz empirisch bei mir selbst. Ich bin – sonst würde ich diese Kolumne wohl kaum schreiben – durchaus ein Fernseh-Fan. Und trotzdem überlege ich es mir im Sommer, wenn die Sonne scheint, immer dreimal, ob ich wirklich meinen Abend auf dem Sofa verbringen und in die Glotze gucken will. Ich könnte doch auch joggen, Fahrrad fahren, Freunde treffen, den Sonnenuntergang mit einem Bier in der Hand beobachten.

Aber im Herbst? Wenn es draußen für all die Aktivitäten eh oft zu ungemütlich ist? Da bekomme ich richtig Lust auf eine Kanne Tee, leckeres Lakritz und einen spannenden Film. Am besten etwas episches wie „Herr der Ringe“ oder „Star Wars“ (nicht die Sequels). Vielleicht auch eine Doku: Irgendwas mit Wald – oder über Goldsucher in Alaska. Ein schlechtes Gewissen braucht es nicht. Schließlich liegt der Sommer mit all seinen Erlebnissen nicht weit zurück und das Wetter draußen ist ohnehin Mist. Diese Kombination macht den Herbst zur perfekten Fernseh-Jahreszeit.

Und auch, wenn ich die letzten Sommertage und Sonnenstrahlen jetzt noch genieße, freue ich mich schon auf den ersten verregneten Fernsehabend im Herbst.

Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens. Anregungen an wirvonhier@berlinerverlag.com.