An Karneval lacht sogar Kati Witt: Im Osten sind die Narren los
Von wegen, bei uns gab es nichts zu lachen: Die Lichtenberger Karnevalisten sind der beste Beweis dafür.

Der 11.11. steht in meinem Kalender. Und auch wenn ich nicht gerade ein großer Faschings-Fan bin und mir sofort eine rote Pappnase aufs Gesicht stülpen werde, weiß ich dennoch: Heute beginnt um 11.11. Uhr die fünfte Jahreszeit, die Karnevalsaison. Und man mag es kaum glauben – auch im Osten sind die Narren los. Da lacht sogar Kati Witt.
Zumindest auf einem Foto, dass ich zum Thema Karneval und DDR im Bildarchiv fand. Da steht unsere Eisstar 1987 im Eissportstadion in Karl-Marx-Stadt und feiert leicht fröhlich geschminkt Fasching. Man soll nur nicht glauben, im Osten gab und gebe es nichts zu lachen.
Nicht nur in Brandenburg, Thüringen oder in Sachsen wurde und wird zünftig der Karneval gefeiert – auch im Osten Berlins, der einstigen DDR-Hauptstadt. Auch hier ist die Tradition bis heute zuhause, erzählt mir Uwe Partzek, Präsident des Carneval Club Lichtenberg.
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Seit 1987 gibt es den Verein, ist der Nachfolger des Karnevalklubs vom VEB Elektrokohle Lichtenberg. Auch wenn die Zeiten, damals wie heute, schwer sind – im Osten tobt dennoch zur Karnevals- oder Faschingszeit der Frohsinn. Nicht nur im Kulturhaus der Elektrokohle waren in der DDR-Hauptstadt die Narren los. Karnevalsvereine gab es zu Ostzeiten auch in Köpenick, Friedrichshain, Pankow und in Marzahn. Ihre Veranstaltungen waren heiß begehrt.
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Karneval hat auch im Osten Berlins eine lange Tradition
„Es war damals schwer, Karten dafür zu bekommen“, sag Partzek. „Das gesellige Beisammensein war und ist für die Menschen wichtig.“ Sie bastelten ihre Kostüme und Narrenkappen selbst, vergnügten sich bei Musik und Tanz so wie in den westlichen Karnevalshochburgen. Und über die politischen Anspielungen der Büttenredner wurde laut gelacht.

Das war nicht ganz ungefährlich. Klar, die Stasi saß mit im Saal, horchte genau hin. Denn die Staatsoberen verstanden keinen Spaß, sollten die Narren über die Stränge schlagen. „Die Büttenredner nahmen dennoch den Alltag auf die Schippe, aber passten dabei genau auf, wie weit sie gehen konnten“, erzählt mir Partzek. „Sie kannten ihre Grenzen. Ich glaube, die Redner haben zu DDR-Zeiten mehr an ihren Beiträgen gefeilt als heute.“
Auch wenn ich kein Faschings-Fan bin, bewundere ich die Karnevalisten. Denn es ist harte Arbeit, Frohsinn zu verbreiten. Monatelang bereiten sich die Karnevalisten in den Vereinen auf die Veranstaltungen vor, alles neben Job und Familie. Und sie sind, wie die Lichtenberger, auch gesellschaftlich aktiv. 2010 gründete der Klub (55 Mitglieder) die „Berliner Funken“, um Kinder und Jugendliche weg von der Straße zu bekommen und ihnen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu geben.
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Karneval im Osten: Es ist harte Arbeit, um Frohsinn zu verbreiten
Bei den „Berliner Funken“ sind 43 Mädchen aktiv, die bei den Veranstaltungen in ihren schicken Uniformen als Funkenmariechen auftreten. Dreimal in der Woche trainieren sie dafür. Kein Vergnügen, denn Tanzsport ist ganz schön anstrengend.
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Und man wird die „Funken“erleben, wenn die Lichtenberger Karnevalisten nach zweijähriger Corona-Zwangspause nun in diesem Jahr wieder eine Karnevalsaison eröffnen. Leider nicht heute, am 11.11. Zusammen mit anderen Berliner Narren werden die Lichtenberger mit ihren Funkenmariechen und Musikkapelle erst am Sonnabend (12. November) das Rathaus an der Möllendorffstraße gegenüber dem Ringcenter in guter alter Tradition stürmen. Um 14 Uhr geht der närrische Frohsinn im Osten los.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com