Auf der Ostpro gibt’s das Schärfste, was die DDR zu bieten hat
Wer den guten Geschmack der Heimat wiederentdecken und in Erinnerungen schwelgen will, wird auf der Ostprodukte-Messe schnell fündig.

Kathi-Backmischungen, Rotkäppchen-Sekt, Bautz’ner Senf – ich ärgere mich, dass der Ost-Geschmack noch immer auf diese Produkte reduziert wird. Dabei weiß jeder, dass unsere Heimat mehr zu bieten hat. Das sieht man nun auch wieder auf der Ostpro in Berlin, der beliebten Ostprodukte-Verkaufsmesse, die ab dem heutigen Freitag auf der Trabrennbahn Karlshorst stattfindet. Süße und herzhafte Leckereien werden geboten – und auch das Schärfste, was es in der DDR je gab.
Alle KURIER-Kolumnen finden Sie auf unserer Kolumnen-Seite! >>
Da wären wir wieder beim Senf. Ganz ehrlich, das Produkt aus Sachsen, das für den Ost-Geschmack steht, ist nicht so mein Ding. Er schmeckt einfach nicht mehr so wie früher. Und ich weiß, was ich sage, denn ich bin verrückt nach Senf, besonders wenn er aus Thüringen kommt. Das liegt an meiner Kindheit. Da habe ich Senf vom VEB Feinkost Erfurt becherweise ausgelöffelt.
Lesen Sie auch: Geräte aus der DDR: Und sie halten, halten und halten … >>

Klar, dass ich bei meinem Ostpro-Vorbesuch für diese Kolumne gleich nach DDR-Senf Ausschau halte. Zwar entdecke ich nicht meine Lieblingsmarke Born aus Erfurt. Aber ein Hersteller aus Thüringen ist mit seinem Altenburger Senf da. Auch eine Sorte, die ich sehr mag und die unbedingt zu einer Thüringer Rostbratwurst gehört. Und sich auch als Brotaufstrich sehr gut macht, wie mir Albert Thorandt (30) am Stand erklärt.
Lesen Sie auch: Aufschwung Ost dank Tesla: Das ist kein Grund zum Jubeln!>>
Er erzählt, dass der Familienbetrieb, der aus einem VEB entstand, über 300 Sorten herstellt. Dazu gehört der Bauernsenf, der aus Senfsaat produziert wird, den die Bauern aus der Region liefern. Eine echt scharfe Sache, die mich gleich wieder zurück in meine DDR-Kinderzeit führt.

Scharfe Sachen aus der DDR: Auf der Ostpro sind sie wieder zu sehen
In Erinnerungen schwelge ich auch bei Frank Arndt (79). Der Friedrichshainer ist mit seinem DDR-Vorwendeladen wieder auf der Ostpro. Neben Geschirr aus dem Palast der Republik entdecke ich bei ihm alte Moasik-Hefte mit den Digedags oder „Melodie & Rhythmus“-Ausgaben. Zum Glück hatte ich zu DDR-Zeiten ein gutes Verhältnis zur Zeitungskiosk-Frau, die mir einige dieser begehrten Hefte unter dem Ladentisch vorholte. Sie wissen ja – diese Zeitschriften waren Bückware.
Das an seinem Stand Erinnerungen wach werden, sei für Händler Arndt das alltägliche Geschäft, erzählt er mir. „Viele Kunden kommen zu uns, erzählen aus ihrem DDR-Leben, bevor einige noch etwas kaufen.“ Zum Beispiel die originalen DDR-Back- und Kochbücher. Sie sind einer der Renner bei den Ostpro-Besuchern.

Wer die ganze Vielfalt der Ostprodukte auf der Messe auf einem Blick erleben will, der geht zu Andrea Streit (51) aus Leipzig. Ihr DDR-Ladenstand ist wie ein Konsum, in dem es alles gibt, was das Herz der Ostdeutschen höher schlagen lässt. Von Waschmitteln wie Linda-Neutral, die beliebten DDR-Eierbecher, Pittiplatschfiguren – und natürlich auch Kathi-Backmischungen.
Diese Klassiker müssen einfach sein, gehören zu jeder Ostpro, sagt mir Messe-Chefin Ramona Oteiza (63). Es ist das 32. Jahr, in dem sie mit ihrer Ostprodukte-Schau in Berlin ist. Fast 100 Händler haben sich für diese Frühjahrsmesse in Karlshort angesagt, die in der Halle unter der Tribüne und davor ihre Stände aufgebaut haben.
Lesen Sie auch: Gemüse in der DDR: Bereiten Sie schon mal den Gurkensalat vor, denn im Osten gurkt es gewaltig!>>
Vom 21. bis 23. April ist die Ostpro täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 2 Euro, Kinder bis 10 Jahre kommen gratis hinein. Zugang ist der Trabrennbahn-Eingang in Höhe der Straßenbahn-Haltestelle Traberweg.
Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com