An meinem Schloss wird gebaut
Unsere Autorin denkt über die Bauarbeiten am Schloss Schönhausen in Pankow nach und gerät dabei in einen Zwiespalt.

Das riesige weiße Schild ist nicht zu übersehen. Es wird das Bauvorhaben „Erweiterung des Museums Schloss Schönhausen“ angezeigt. Dort, wo jetzt noch Uralt-Garagen aus den 1950er-Jahren stehen, soll ein Besucherzentrum für das Pankower Schloss, das zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gehört, entstehen.
Im 18. Jahrhundert war der Prachtbau Sommerresidenz der preußischen Königin Elisabeth Christine. Der Alte Fritz, ihr Gemahl, war selten dort. Er hatte sie wohl nicht so übermäßig gern. Das erfuhr ich vor Jahren bei meinem ersten Besuch des frisch sanierten Museums. Und auch, dass er einst, als er sie nach Jahren wiedersah, nur einen Satz an sie gerichtet haben soll: „Madame sind korpulenter geworden.“
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Die einsame Königin in ihren opulenten Gemächern ist mir über die Zeit vertraut geworden. Auch deshalb und weil ich auf ihren einstigen Wegen so oft spazieren gehe, fühlt es sich für mich so an, als sei das herrschaftliche Gebäude mit seinem idyllischen äußeren und inneren Park auch ein bisschen „mein Schloss“.
Das ist insofern besonders, als dass das Areal zu DDR-Zeiten nach außen sehr verschlossen war. Erst war es Residenz des ersten und einzigen Präsidenten Wilhelm Pieck, später residierten Staatsgäste in dem Gebäude nahe dem Flüsschen Panke. Das knall-lila ausgestattete Badezimmer, in dem sie ihren intimen Verrichtungen nachgingen, kann man heute noch im Schlossmuseum bewundern – genau wie das Pieck'sche Arbeitszimmer.
Wenn die Pankower berichten, wie es einst an der Protokollstrecke war
Sicher, das alles könnte für viele Touristen interessant sein. Sie würden es wohl mögen – so wie die alt- und neu-eingesessenen Pankower. Und sich auch gern Geschichten darüber erzählen lassen, wie es für die Pankower vor Jahrzehnten war, wenn sie an der sogenannten Protokollstrecke für die Staatsgäste Spalier stehen sollten.
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Doch „Besucherzentrum“ – das Wort hallt bei mir etwas nach. Ich sehe in Gedanken, wie sich viele Reisebusse auf einem großen Parkplatz aneinanderschmiegen. Ich muss sofort an Berlins obersten Tourismuswerber denken. Burkhard Kieker von visit Berlin sagte mit Blick auf die Ostertage, an denen es erstmals nach zwei Jahren keine Corona-Beschränkungen gab: „Das war in den letzten Tagen zum ersten Mal wieder das alte Berlingefühl mit unseren Gästen.“ Und er lobte, dass die „Anziehungskraft, die Magnetkraft, die Marke Berlin komplett erhalten geblieben ist“. Das zeige auch die Marktforschung. „Da steht Berlin bei 70 Prozent der Deutschen an erster Stelle. In Europa sind wird immerhin unter den Top-3-Reisezielen.“


Es freut mich für Berlin, dass wir in den Herzen so vieler ganz weit oben stehen. Na logo, wir haben ja auch einiges zu bieten. Architektur, alte und neue, Hochkultur und Party-Hotspots. Bei Museen, Theatern und Spätis klingelt die Kasse, wenn zahlreiche Menschen in unsere Stadt kommen und sie lieben.
Aber viele Gäste bringen auch allerlei Malaisen. Ich sage nur Admiralbrücke oder Mauerpark. Auch auf die Gefahr hin, als engstirnig und provinziell zu gelten: Ich wünsche mir eher weniger Touristen-Scharen, die erst durchs Pankower Schlossmuseum laufen und dann den Park in Beschlag nehmen. Mit Unbehagen erinnere ich mich noch daran, dass eine große Zeitung über das alljährliche Kunstfest im Park einmal schrieb, es sei das schönste Volksfest in ganz Berlin. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie viele Berliner das im darauffolgenden Jahr mit ihrem Besuch überprüft haben.
Seit einigen Jahren gibt es im Schlosspark einen winzigen Wagen, an dem Kuchen, Eis und Kaffee offeriert werden. Drum herum gruppiert ein paar wenige Tische und Stühle. Viele Pankower lieben das Mini-Gartenlokal. Wenn ich demnächst mal wieder dort sitze, mache ich bei den Anwesenden eine Blitz-Umfrage zum Thema Besucherzentrum. Über das Ergebnis berichte ich demnächst hier.
Claudia Pietsch schreibt montags im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com