Henrik Schmidt (17) ist nach  einem Motorradunfall querschnittgelähmt. Trotzdem hat er ein Einser-Abi geschafft.
Henrik Schmidt (17) ist nach einem Motorradunfall querschnittgelähmt. Trotzdem hat er ein Einser-Abi geschafft. Foto: Privat

Henrik saust mit seinem Handbike durch Brandenburg. Bis zu 30 Kilometer pro Stunde kann er damit zurücklegen. Er bewegt sich nur mit den Armen vorwärts. Seit einem Motorradunfall vor einem Jahr ist Henrik querschnittsgelähmt. Doch statt zu verzweifeln, hat der 17-Jährige sich zurück ins Leben gekämpft und gerade sein Abitur mit 1.0 bestanden.

„Man sollte  sich nicht auf den Moment konzentrieren, in dem man gefallen ist, sondern auf den, in dem man wieder aufgestanden ist“, sagt Henrik. Sein tragischer Schicksalsschlag hat den Abiturienten des Von Saldern-Gymnasiums in Brandenburg unweigerlich reifen lassen. 

Schwerer Unfall auf dem Weg zur Schule

Es war der 14. Juni 2019, ein schwüler Sommertag. Er war mit seinem Motorrad morgens auf dem Weg zur Schule und habe sich korrekt an die Geschwindigkeit gehalten. Daran erinnert sich Henrik noch. An den Rest nicht mehr, die Unfallursache ist bis heute ungeklärt. „Ich bin am Ortseingang in Brandenburg plötzlich von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt“, sagt Henrik. Er sei sofort bewusstlos gewesen,  Zeugen hätten es ihm hinterher berichtet. 

Ein Rettungshubschrauber flog den Gymnasiasten ins Unfallkrankenhaus Marzahn. Dort versetzten ihn die Ärzte wegen seiner lebensgefährlichen Verletzungen in ein künstliches Koma. Schädelbasisfraktur, Gehirnblutung und Mittelgesichtsbrüche lautete die Diagnose. Weil sein Rückenmark beim Aufprall so stark gequetscht wurde und sich seine Wirbel verschoben, erlitt er eine Querschnittslähmung.

Nach fünf Wochen holten ihn die Mediziner zurück ins Leben. Schonend versuchten ihm seine Eltern beizubringen, wie schwer verletzt er war und dass er seine Beine vielleicht nie wieder bewegen kann. „Es hat lange gedauert, bis Henrik das realisiert hat“, erinnert sich der Vater Ben Schmidt. Wie solle man auch mit einer solchen Nachricht klar kommen? Für einen 17-Jährigen sei das wie das Ende des Lebens. 

Henrik Schmidt (17) auf seinem Handbike.
Henrik Schmidt (17) auf seinem Handbike. Foto: Privat

Doch seine Eltern, Lehrer und Mitschüler versuchten, ihm  immer wieder geduldig zu vermitteln, dass es nicht das Ende ist. Sie bestärkten ihn darin, seinen Lebenswillen nicht zu verlieren. Henrik begann zu kämpfen und bereitete sich noch in der Klinik  auf sein Abitur vor. „Wir haben ihm gesagt, dass er sich mit der Schule Zeit lassen kann, aber er wollte es unbedingt schaffen“, sagt Ben Schmidt. Seine Lehrer hätten ihn dabei sehr unterstützt und seien überaus engagiert gewesen, dass er den fehlenden Unterrichtsstoff nachholen konnte.

Nach neun Monaten wurde Henrik Mitte März aus dem Krankenhaus entlassen und konnte danach mit einer Sondergenehmigung seine Prüfungen unter Aufsicht von zu Hause schreiben. Trotz der tragischen Umstände schnitt  Henrik mit der Bestnote  ab. Für ihn grenze das an ein Wunder, sagt sein Vater. „Sein Lebensmut und seine Kraft hat viele Menschen sehr beeindruckt."

Gerade versucht Henrik Stück für Stück seine Selbständigkeit zurück zu erobern. Die Eltern lassen ihr Einfamilienhaus barrierefrei umbauen und haben mit ihm ein Handbike ausgesucht, mit dem er sich allein fortbewegen kann, das vor seinen Rollstuhl gespannt wird.  Henrik möchte an der Universität Potsdam Psychologie studieren und hat sich auch schon über die Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer vor Ort informiert. Er sagt: „Mein Leben hing vor einem Jahr am seidenen Faden. Ich bin dankbar, dass ich weiterleben darf und möchte anderen Menschen Mut machen, dass man jeder Situation, etwas Positives sehen kann.“ Unheimlich starke Worte für einen 17-jährigen Jungen.