Teich trocken, Fische tot

Was ist bloß los an den Karpfenteichen in Pankow?

Die Teiche an der A114 in Heinersdorf liegen trocken, Tausende Fische sollen hier qualvoll verendet sein. Anwohner sind entsetzt über das Vorgehen des Anglerverbandes.

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Kein Wasser in den Karpfenteichen in Pankow-Heinersdorf. Passanten und Anwohner sind entsetzt, dass hier viele Fische verendeten. Die Natur im und um den Teich leidet unter dem abrupten Eingriff in das Ökosystem. 
Kein Wasser in den Karpfenteichen in Pankow-Heinersdorf. Passanten und Anwohner sind entsetzt, dass hier viele Fische verendeten. Die Natur im und um den Teich leidet unter dem abrupten Eingriff in das Ökosystem. Sabine Gudath

Es ist ein erschreckender Anblick: Die Karpfenteiche im Norden von Pankow-Heinersdorf an der Autobahn 114 sind trockengefallen. Tiefe Risse ziehen sich durch den Boden des Gewässers. Tausende Fische sollen hier qualvoll verendet sein, weil der örtliche Anglerverein am See den Stöpsel zog und für Bauarbeiten das Wasser ablaufen ließ. 

Eine Info am Ufer? Fehlanzeige. Passanten rätseln also, was hier wohl geschehen ist. Hat der Klimawandel die Fischgewässer ausgetrocknet?, fragen sogar einige. 

Wenn man auf dem Grund des Teiches steht, sinken die Füße in den Schlamm ein. Am anderen Ufer stehen ratlos die Reiher und wissen nicht, wohin. In einem kleineren Teich, getrennt durch einen Deich, schwimmen in einer immer schrumpfenden Pfütze noch kleine Fische.

„Es ist eine Schande, was hier passiert“, empört sich eine Anwohnerin. Die 50-Jährige kennt die Teiche seit ihrer Kindheit. Zum Winter hin seien immer die Karpfen abgefischt worden, der Wasserspiegel gesenkt. Wenn es kalt genug war, sind die Kinder hier Schlittschuh gefahren, erzählt sie. Doch ein komplettes Ablassen des Wassers über wenige Wochen hat sie noch nie erlebt. Die Aktion hat drastische Folgen für Flora und Fauna. Tote Fische sollen in extra herbeigeschafften Mülltonnen entsorgt worden sein. Ehrenamtliche waren auf dem trockenen Teich unterwegs und sammelten die Kadaver ein.  

Die Teiche werden von der Berliner Abteilung des Deutschen Anglerverbands als Fischgewässer bewirtschaftet. Dem Verband droht nun Ärger, weil er das Wasser offenbar ohne Absprachen aus den Teichen gelassen hat und damit wertvollen Lebensraum für Eisvögel und andere Wasservögel, Amphibien und Insekten zerstörte. 

Berliner Anglerverband lässt Tausende Fische verenden

Entlang der Heinersdorfer Fischteiche zwischen der Pasewalker Straße und der A114 führt der viel befahrene Panke-Radweg, häufig sind Spaziergänger hier unterwegs. Es war also klar, dass die Aktion des Anglerverbandes nicht unbemerkt bleiben würde.

Einer der Passanten, Stephan Fritz, berichtete von einem „schrecklichen Anblick“ und „elendig zugrunde gegangenen“ Fischen in den Teichen. „Massen an erstickten Fischen“ seien in Mülltonnen abtransportiert worden. Der Verband hätte dafür sorgen müssen, dass so viele Fische wie möglich abgefischt und gerettet werden, kritisiert er.

Auch habe der DAV keine Genehmigung für das Ablassen eingeholt und gegen den Naturschutz verstoßen. Gegenüber dem Tagesspiegel gab Fritz an, er schätze anhand der Anzahl der Mülltonnen, dass mindestens 1000 Kilogramm Fisch vernichtet wurden.

So reagiert der Berliner Anglerverband

Auf der Website des Anglerverbandes nehmen die Verantwortlichen Stellung zu den Vorwürfen: Grund für das Ablassen ist die dringend erforderliche Sanierung von sogenannten Überlauf-Mönchen. „Da die Erneuerung der Mönchsköpfe und teilweise Entfernung des Teichschlammes ausschließlich im Trockenen durchgeführt werden können, war es notwendig, die Teiche abzulassen. Alle notwendigen Informationen zum zeitlichen Ablauf der Trockenlegung haben wir von den früheren Bewirtschaftern der Teiche eingeholt.“

Zwei der zu sanierenden Überlauf-Mönche sind schon fertig. In den Karpfenteichen von Pankow sollen bald wieder Fische schwimmen. 
Zwei der zu sanierenden Überlauf-Mönche sind schon fertig. In den Karpfenteichen von Pankow sollen bald wieder Fische schwimmen. Sabine Gudath

Eine Genehmigung der Trockenlegung sei nach Auskunft des Fischereiamtes Berlin für den Verband als Eigentümer nicht notwendig gewesen. „Das Ablassen haben wir bis zum letzten möglichen Moment verzögert. Leider waren die uns zugegangenen Informationen nicht präzise genug, sodass der Wasserstand deutlich schneller gefallen ist als vorhergesagt. Dabei haben wir leider deutliche Verluste beim Fischbestand hinnehmen müssen. Wir bedauern diesen Umstand ausdrücklich.“

Mittlerweile ist auch das Bezirksamt Pankow mit dem Vorfall beschäftigt. Anfang des Monats sei „aus dem mittleren sowie nördlich gelegenen Teich das Wasser zum Zweck der Sanierung von Überlaufbauwerken abgelassen“ worden, erklärte die Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU). „Dabei wurden tote Fische von besorgten Bürgern gesehen und der Vorgang an die Behörden gemeldet.“

 Die Heinersdorfer Teiche sind laut Bezirksamt allerdings keine herkömmlichen Gewässer, „sondern bewirtschaftete Anlagen der Teichwirtschaft und Fischzucht“. Damit werden sie nicht von den Behörden beaufsichtigt.  Dass das Bezirksamt nun dennoch tätig wird, liegt an arten- oder tierschutzrechtlichen Bedenken, die im Raum stehen. Besonders geschützte Eisvögel brüten an den Gewässern.

In den Karpfenteichen in Pankow-Heinersdorf wurde das Wasser abgelassen. Der kleinere der Teiche führt noch Wasser, auch schwimmen hier noch einige Fische. Eine Anwohnerin schaut auf das restliche Wasser. Der Teich im Hintergrund ist trockengefallen. 
In den Karpfenteichen in Pankow-Heinersdorf wurde das Wasser abgelassen. Der kleinere der Teiche führt noch Wasser, auch schwimmen hier noch einige Fische. Eine Anwohnerin schaut auf das restliche Wasser. Der Teich im Hintergrund ist trockengefallen. Sabine Gudath

Laut der Stadträtin hätte der Anglerverband das Ablassen des Wassers für eine Sanierung mit den Naturschutzämtern des Bezirks klären müssen. „Im Umfeld der Heinersdorfer Fischteiche befinden sich zwei Eisvogel-Brutpaare“, erklärte Anders-Granitzki. Diese sind streng geschützt und brüten mehrmals im Jahr bis in den September. „Durch den Entzug der Nahrungsgrundlage ist mit erheblichen Störungen für die Vögel zu rechnen.“ Ob durch das Ablassen der Teiche die Aufzucht von Nachwuchs gestört oder verhindert wurde, werde derzeit artenschutzrechtlich geprüft.

Auch andere Wasservögel und Tiere sind durch die Hauruck-Aktion in Mitleidenschaft gezogen worden.  „Nester von Enten wurden noch im Wasser gebaut und die Küken fielen dann auf trockenen Boden und verendeten“, so Stephan Fritz. Er werfe dem Vorstand vor, sich nur um Finanzen und den Sport Gedanken gemacht zu haben. An Tiere und Natur habe man indes nicht gedacht, auch die Ehrenamtlichen vor Ort, die die Aktion ausführen sollten, hätten das Vorgehen als schrecklich empfunden. 

Vom Anglerverband heißt es derweil auf dessen Website, dass inzwischen zwei der drei notwendigen neuen Mönchsköpfe fertig seien. Man hoffe, die Teiche so bald wie möglich wieder befüllen zu können. Anstelle der bisher als ungenießbar geltenden Fische sollen neue Fische in die Teiche gesetzt werden.