Die Gastronomen Sebastian Frank und Jeannine Kessler haben in ihrem Restaurant „Horváth“ seit Wochen keinerlei Einnahmen generiert.&nbsp;<br>Foto: Markus Wächter
Die Gastronomen Sebastian Frank und Jeannine Kessler haben in ihrem Restaurant „Horváth“ seit Wochen keinerlei Einnahmen generiert. 
Foto: Markus Wächter

„Kreativität durch Zensur“ liest der Besucher als erstes, wenn er die Webseite des „Horváth“ anklickt. Mit dem Restaurant haben sich Koch Sebastian Frank und seine Frau Jeannine Kessler ihren Traum von der Sterne-Gastronomie erfüllt. Nur, die Besucher bleiben derzeit aus. Für die Zensur war zuletzt nicht Frank verantwortlich, sondern die Politik. Im Berliner KURIER erzählen die Betreiber, wie sich die Krise auf ihren Betrieb auswirkt.

„Die Lage ist für alle Gastronomen prekär“, sagt Jeannine Kessler. Die Geschäftsführerin des Restaurants „Horváth“ in Kreuzberg und ihr Mann, Sternekoch Sebastian Frank, haben sich die Miete für ihr Ladenlokal stunden lassen und für die zehn Mitarbeiter Kurzarbeitergeld angemeldet: „Wir versuchen, so gut es geht durch die Krise zu kommen und hoffen, seitens der Politik bald eine Perspektive aufgezeigt zu bekommen, wie ein Soft-Opening aussehen kann.“

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Kessler und Frank haben seit der Schließung vor einigen Wochen keine Einnahmen generiert. Auch, weil sie der Alltag als Eltern vor neue Herausforderungen stellte: „Mein Mann und ich mussten uns erst mal intern organisieren. Eines unserer Kinder ist im Kita-Alter, das andere in der 3. Klasse – da ist Homeschooling angesagt“, sagt Kessler. An diesem Wochenende startet im „Horváth“ erstmals ein Außer-Haus-Verkauf. „Wir werden von 12-18 Uhr einen kleinen Schmankerl-Markt mit österreichischen Produkten für zu Hause veranstalten“, erzählt Frank.

Dass das Dilemma aktuell nicht schon schwerwiegender ist, liegt an der guten wirtschaftlichen Situation vor der Krise. „Wir hatten einen sensationellen Februar, von dem wir noch zehren können. Wäre das nicht gewesen, hätte es bereits im Mai sehr eng werden können“, sagt Kessler. „Bis Ende Juni halten wir ohne Kredit wohl noch durch.“

Klare Forderungen an die Politik

Deshalb stellt Kessler, die sich mit vielen anderen Gastronomen solidarisiert und austauscht, Forderungen an die Politik: „Es ist wichtig, dass wir gesehen werden. In einer der letzten Pressekonferenzen von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) musste sie auf die Gastronomie angesprochen werden und hat dann eher abgewiegelt, dass keine Lockerungen geplant seien. Wir müssen wissen, wie wir unternehmerisch planen können.“

Vom letzten Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel versprach sich Kessler vorab nicht allzu viel: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dort schon ein konkretes Datum zur Öffnung hören werden. Wenn wir geschlossen bleiben müssen, muss in Aussicht gestellt werden, dass es ein kurzfristiges Rettungspaket gibt. Aktuell verstreicht Woche um Woche.“ Sie sollte recht behalten. Einen Ausblick auf mögliche Öffnungen in der Gastronomie soll es frühestens beim nächsten Treffen der Politiker am 6. Mai geben. Mit einer gewissen Wehmut blickt Sebastian Frank in sein Heimatland Österreich, in dem Restaurants ab Mitte Mai wieder öffnen dürfen: „Ich beneide meine Landsleute, weil sie zumindest wissen, womit sie rechnen können. Uns fehlt diese Info einfach. Die Österreicher haben aber auch von Anfang an einen viel rapideren Lockdown gemacht als wir. Man muss im Endeffekt sagen, dass das wohl mehr gebracht hat.“