Spandauer Mieterin gewinnt gegen die Deutsche Wohnen
Konzern-Tochter GSW muss zu viel kassierte Versicherungskosten aus der Betriebskostenabrechnung für 2017 zurückzahlen.

Benjamin Pritzkuleit
Die zur Deutsche Wohnen gehörende GSW hat bei der Betriebskostenabrechnung für 2017 gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen und muss einer Mieterin aus Spandau den zu viel kassierten Betrag zurückerstatten. Das hat das Amtsgericht Spandau jetzt entschieden. Das Urteil vom 14. Juli bezieht sich zwar zunächst nur auf einen Haushalt, könnte aber womöglich auf alle Wohnungen des zweitgrößten börsennotierten Wohnungsunternehmens in Deutschland übertragbar sein. Die Deutsche Wohnen besitzt bundesweit rund 161.000 Wohnungen, fast 116.000 davon im Großraum Berlin (Stand: Ende 2019). Die Entscheidung des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Deutsche Wohnen kann dagegen Berufung einlegen.
Im vorliegenden Fall hatte die Deutsche Wohnen am 2. August 2016 vorfristig einen neuen Versicherungsvertrag abgeschlossen. Die Versicherungskosten stiegen danach für die Wirtschaftseinheit, der die Wohnung der Mieterin zugeordnet ist, um mehr als 50 Prozent. Während die Mieterin im Jahr 2015 noch 112,77 Euro an Versicherungskosten zahlen musste, waren es im Jahr 2017 schon 175,92 Euro – also 63,15 Euro mehr. Die Deutsche-Wohnen-Tochter begründete dies unter anderem damit, dass die Preise für die Gebäudeversicherung gestiegen seien. Außerdem führte sie an, dass die geänderte Berechnung der Kosten nach der Größe der Wohnung statt nach der Zahl der Wohnungen, wie bisher, gerechter sei, da auf kleinere Wohnungen ein geringerer Kostenanteil entfalle. Das Amtsgericht folgte der Argumentation jedoch nicht. Dass die Änderung der Berechnungsgrundlage zu einer gerechteren Kostenverteilung geführt habe, erschließe sich angesichts der erfolgten Kostenerhöhung für die 61,64 Quadratmeter große Wohnung der Mieterin nicht. Die Richter entschieden, dass die Deutsche-Wohnen-Tochter den Betrag von 63,15 Euro nebst Zinsen an die Mieterin erstatten muss. Das Unternehmen habe „keine nachvollziehbaren Gründe genannt“, warum es am 2. August 2016 einen neuen Vertrag unter Zugrundelegung einer geänderten Berechnungsgrundlage bei einer Kostensteigerung von mehr als 50 Prozent abgeschlossen habe.
Mieter- und Verbraucherschutzbund zeigt sich zufrieden
Das Amtsgericht Spandau hatte bereits im Oktober vergangenen Jahres im Streit über die Versicherungskosten in der Betriebskostenabrechnung für 2016 ein ähnliches Urteil zugunsten der Mieter gesprochen. Diese erhielten danach 77,68 Euro von den Versicherungskosten zurück.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der die Mieter in beiden Fällen vertrat, zeigt sich mit dem jüngsten Urteil zufrieden. Der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot halte „bis heute an und pflanzt sich von Jahr zu Jahr fort – und damit auch in das hier maßgebliche Jahr 2017“, so AMV-Chef Marcel Eupen. Das gelte auch für die Betriebskostenabrechnung 2018. Hier laufe bereits ein entsprechender Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht Spandau (5 C 150/20). Der AMV erwarte dazu ein Urteil „im Herbst dieses Jahres“.
Der AMV rät allen Mietern der Deutsche Wohnen, „umgehend“ Widerspruch gegen die Versicherungskosten aus der Betriebskostenabrechnung für 2018 einzulegen und einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu rügen. Die Betriebskostenabrechnungen sind zum großen Teil im Herbst vergangenen Jahres verschickt worden. Für den Widerspruch haben die Mieter ein Jahr Zeit.
Von der Deutsche Wohnen war keine Stellungnahme zu erhalten.