Der Berliner Senat hat eine Maskenpflicht für Schulgebäude beschlossen, die Lehrer und Schüler einzuhalten haben. Sie kommt auf Fluren, in Aufenthalts- und Begegnungsräumen zum Tragen, nicht jedoch im Unterricht oder auf dem Schulhof -
Foto: Volkmar Otto
Der Berliner Senat hat eine Maskenpflicht für Schulgebäude beschlossen, die Lehrer und Schüler einzuhalten haben. Sie kommt auf Fluren, in Aufenthalts- und Begegnungsräumen zum Tragen, nicht jedoch im Unterricht oder auf dem Schulhof -

Stunde Null am Montagmorgen: Nach Schulschließungen wegen des Coronavirus, einer dann langsamen Wiedereröffnung und schließlich den Sommerferien starten Berlins Schulen nun in den «Regelbetrieb». Obwohl die Pandemie nicht vorbei ist. Wie soll das gehen?

Präsenzunterricht: Alle Schüler sollen wieder zur Schule kommen - wie in normalen Zeiten. «Wir haben Schulpflicht», sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Für Kinder oder Jugendliche mit Vorerkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf nach einer Corona-Infektion haben, gelten Ausnahmen. Können sie das mit einer ärztlichen Bescheinigung glaubhaft machen, sollen sie bis auf Weiteres zu Hause lernen dürfen. Das gilt auch, wenn eine andere im Haushalt des Schülers lebende Person zur Risikogruppe gehört.

Maskenpflicht: Sind die Schulen voll, ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einzuhalten. Daher gilt die für viele Lebensbereiche hilfreiche Vorgabe dort nicht mehr. Stattdessen beschloss der Senat eine Maskenpflicht für Schulgebäude, die Lehrer und Schüler einzuhalten haben. Sie kommt auf Fluren, in Aufenthalts- und Begegnungsräumen zum Tragen, nicht jedoch im Unterricht oder auf dem Schulhof - und auch nicht bei der Hortbetreuung, was manche unlogisch finden. Die Elternvertretungen auf Landes- und Bezirksebene forderten, dass Schüler und Lehrer zumindest in der ersten Schulwoche auch im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen, um so Infektionsgefahren etwa durch Reiserückkehrer zu verringern. Scheeres lehnte das ab, verweist aber auf die Möglichkeit freiwilliger Lösungen. Notorischen Maskenverweigerern drohen übrigens Bußgelder. Wer seine Maske mal vergessen hat, soll nicht nach Hause geschickt werden, sondern von der Schule für den Tag eine gestellt bekommen.

Hygieneplan:  Was darüber hinaus zum Schutz vor Sars-CoV-2 getan werden kann, ist in einem landesweiten Musterhygieneplan und individuellen Plänen an den Schulen verankert. Demnach müssen Hygieneregeln wie regelmäßiges Händewaschen, Reinigung oder Lüften der Räume eingehalten werden. Feste Lerngruppen, die möglichst in einem Raum verbleiben, sollen dafür sorgen, dass es wenig Begegnung und Austausch zum Beispiel mit Schülern außerhalb der eigenen Klasse gibt. Mit offenen Fenstern soll mindestens einmal in jeder Unterrichtsstunde sowie in jeder Pause gelüftet werden. Dazu sollen auch normalerweise abgeschlossene Fenster geöffnet werden. Die CDU fordert, neben Lehrern auch alle Schüler zu testen.

Plan B: Sollte ein verstärktes Infektionsgeschehen wieder landesweite Beschränkungen nach sich ziehen, müssen auch die Schulen reagieren. Die Bildungsverwaltung hat hier Mindeststandards festgelegt, die recht kompliziert sind. Vereinfacht gesagt soll es je nach Schulart in unterschiedlicher Form eine Mischung aus Präsenzunterricht und «angeleitetem Lernen» zu Hause geben. Detaillierte Konzepte sollen die Schulen erarbeiten. Die Opposition kritisiert, hier sei Zeit verloren gegangen. Ein genereller Plan B, der Eltern und Schülern Planungssicherheit für den Fall häuslichen Lernens gibt, hätte aus Sicht von CDU oder FDP längst vorliegen müssen.

Lehrermangel: Im neuen Schuljahr ist der Personalbedarf so hoch wie seit 30 Jahren nicht - und er kann nach Darstellung von Senatorin Scheeres wohl geradeso gedeckt werden. Unverzichtbar sind dabei Lehrkräfte, die als Seiteneinsteiger an die Schulen finden. Trotz Corona-Ausnahmesituation und Erschwernissen bei Bewerbungsverfahren wurden laut Senatorin Scheeres 2700 Lehrkräfte eingestellt. Etwa ein Drittel davon sind Quereinsteiger, die kein Lehramt studiert haben. 90 Stellen waren Mitte der Woche noch unbesetzt.

Risikogruppe: Durch das Coronavirus wird der Lehrermangel, der seit Jahren vorherrscht und auch andere Bundesländer betrifft, verschärft. Denn etliche Lehrer zählen sich zur Risikogruppe und kommen daher nicht in die Schule. Unklar ist, wie viele das sind. Die Bildungsverwaltung ging zuletzt von sieben Prozent aus - was bei 33 000 Lehrern an öffentlichen Schulen um die 2300 Menschen wären. Die Gewerkschaft GEW schätzt, dass es mehr als doppelt so viele sind, nämlich 15 Prozent oder knapp 5000. Vor diesem Hintergrund stellt die GEW praktisch die gesamte Rückkehr zum Regelbetrieb in Frage. «Wir halten es für unverantwortlich, die Gruppen- und Klassengrößen wieder auf das Vor-Corona-Niveau anzuheben und auf Abstandsregeln zu verzichten», sagte die GEW-Landesvorsitzende Doreen Siebernik. Senatorin Scheeres hält dagegen: «Berlin geht verantwortungsbewusst ins neue Schuljahr», sagte ein Sprecher am Wochenende.

Digitalisierung: Vor Corona verharrten viele Berliner Schulen mit Blick auf die Digitalisierung in der Vergangenheit. Häufig scheiterte es schon an einem leistungsfähigen W-Lan nebst Breitbandanschluss. Während der wochenlangen Schulschließungen wurde deutlich, dass in Sachen Digitalisierung vieles schneller gehen muss - und durchaus manches machbar ist. Noch gibt es viel zu tun, aber die Bildungsverwaltung sieht Fortschritte. So gingen 9500 Tablets als Leihgabe an bedürftige Schüler, damit diese auch für das Homeschooling gerüstet sind. Der digitale «Lernort Berlin» als zentrale Plattform wurde in den vergangenen Wochen und Monaten von zusätzlich dafür abgestellten Lehrern weiterentwickelt. Zudem bewilligte die Bildungsverwaltung aus Mitteln des Digitalpakts 336 neue Server für stabiles W-Lan. 140 Techniker von zwei IT-Firmen sollen Probleme beim digitalen Unterricht schnell beheben.

Abitur 2021: Für den Abiturjahrgang 2020 waren die letzten Wochen vor den Prüfungen schwierig. Sie mussten sich zu Hause vorbereiten. Für den Jahrgang 2021 dürfte es nicht leichter werden. Denn diesem fehlt schon reichlich Unterricht aus dem vergangenen Schuljahr. Dieser Corona-Nachteil soll bei den Prüfungsaufgaben berücksichtigt werden, verspricht Senatorin Scheeres. Lehrer sollen die Möglichkeit haben, am Prüfungstag Aufgaben auch auszuschließen.