Vereint gärtnern im Kleingarten der Zukunft

Neukölln grünt auf: „Waldgarten“ für den Berliner Laubenpieper 2.0

In Britz entsteht eine Mischung aus Park und Laubenkolonie, in der alle von den Obstbäumen naschen können.

Teilen
Die Gärtnerin Kimberley Müller (31) kümmert sich um einen neu gepflanzten Obstbaum. Sie begleitet die Arbeiten im werdenden Waldgarten und betreut die künftigen Kleingärtner.
Die Gärtnerin Kimberley Müller (31) kümmert sich um einen neu gepflanzten Obstbaum. Sie begleitet die Arbeiten im werdenden Waldgarten und betreut die künftigen Kleingärtner.Sabine Gudath

Tief in Britz wächst eine Art „eierlegende Wollmilchsau“ heran, in Form einer neuen Art von Laubenkolonie: Ein sogenannter Waldgarten-Kleingartenpark. Eine Mischung aus öffentlichem Park, Kolonie, Natur-Ausbildungsstätte und Versuchslabor für gemeinschaftliches Arbeiten.

Auf den 2,8 Hektar am Leonberger Ring ist noch keine Struktur zu erkennen. Es stehen drei alte Eichen da, einige andere alte Bäume, und es sind viele kleine gepflanzt. Kimberley Müller, Gärtnerin und gärtnerische Betreuerin des Projekts, zählt auf: „Esskastanien, Ebereschen, Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäume, Linden und viele mehr.“

Lesen Sie auch: Extremes Wetter: Unwetterwarnung! Sogar Tornados möglich, Starkregen und Hagel! Und so heiß wird das Wochenende >>

„Angärtnern“ im Waldgarten am Leonberger Ring: Stadtentwicklungs-Stadtrat Jochen Biedermann, Jens Stiller vom Bundesamt für Naturschutz, Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel, Umwelt-Staatssekretärin Silke Karcher und Jennifer Schulz von der Uni Potsdam (v.l.).
„Angärtnern“ im Waldgarten am Leonberger Ring: Stadtentwicklungs-Stadtrat Jochen Biedermann, Jens Stiller vom Bundesamt für Naturschutz, Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel, Umwelt-Staatssekretärin Silke Karcher und Jennifer Schulz von der Uni Potsdam (v.l.).Sabine Gudath

200 Stück sollen es werden, dazu 480 Stauden. Die meisten dieser Pflanzen sollen Essbares liefern. Sie werden zu dem einen Hektar öffentlich zugänglichen Teil des Geländes gehören, der vor allem das 5000 Quadratmeter große Zentrum samt kleinem Teich umfasst. Unmittelbar angrenzende 1000 Quadratmeter  wird das Freilandlabor Britz als Bildungsfläche nutzen.

Gartenparzellen werden wie Runddörfer zusammengefasst

Ringsherum und jeweils umzäunt werden rundliche Ansammlungen von Parzellen angelegt. Etwa jede zweite der insgesamt 60 Parzellen, jeweils maximal 250 Quadratmeter groß, soll eine richtige Laube bekommen dürfen, erklärt Stefan Meier, Stadtplaner in Diensten des „Bezirksverbands Berlin-Süden der Kleingärtner“ (BV Süden). Auch zwischen diesen „Runddörfern“ können Besucher spazieren gehen.

Das Areal war früher eine Baumschule und Gärtnerei, später grasten hier drei Highland-Rinder vom angrenzenden Britzer Garten und eine Schafherde. 2010 wurde es als Kleingarten-Fläche festgelegt und Ausgleich für Laubenkolonien, die der Verlängerung der Autobahn A100 von der Grenzallee nach Treptow weichen mussten.

Sven Michaelis und Ronald Kühn (r.) von der Firma Pumpen-Lehmann sind bei brütender Hitze dabei, den Waldgarten ans Wassernetz anzuschließen.
Sven Michaelis und Ronald Kühn (r.) von der Firma Pumpen-Lehmann sind bei brütender Hitze dabei, den Waldgarten ans Wassernetz anzuschließen.Lehrke

Die Landschaftsplanerin Jennifer Schulz von der Universität Potsdam hatte die Idee für das Projekt Waldgarten, dessen Entwicklung sie mit plant und wissenschaftlich begleiten wird.

Ernte nicht nur für die Kleingärtner selbst

Was die Bepflanzung angeht, erwartet sie einen mindestens „dreistöckigen“ Bewuchs: Oben Bäume, darunter Sträucher, unten Kräuter. Bis zu sieben Schichten könnten es werden, wenn man Sträucher, Kräuter oder Gemüse nach unterschiedlichem Wuchs unterscheidet.

Die Früchte der Pflanzen sollen in der Regel essbar sein „und so kombiniert werden, dass sie miteinander gedeihen und geerntet werden können.“ Am liebsten (fast) über das ganze Jahr.

Insgesamt soll die große Bandbreite von bis zu 200 verschiedenen Pflanzenarten nicht nur deren Vielfalt fördern, sondern auch die der Tiere, die darin leben, von der Wildbiene über Vögel bis zum Igel. Das ganze Ensemble soll auch dem Stadtklima helfen.

Bund trägt drei Viertel der Kosten für die neue Kleingartenanlage

Am Ende konnte Schulz ein ganzes Bündnis von Menschen und Institutionen begeistern: Den Bezirk, die Kleingärtner, den Senat und vor allem das Bundesamt für Naturschutz BfN. Jens Schiller, extra aus Leipzig angereist, betreut dort das Projekt: „Wir geben das Geld frei“.

Und das ist ordentlich viel: 75 Prozent der Gesamtkosten von 2,3 Millionen Euro trägt so der Bund, den Rest steuern die Senats-Umweltverwaltung und zu einem kleinen Teil der BV Süden bei. Es werden Bäume, Wasserleitungen und Wege bezahlt.

Parzellen werden untereinander nicht von Zäunen getrennt

Wer die untereinander nicht mit Zäunen voneinander getrennten Parzellen bekommen wird, ist noch nicht geklärt, auch die Höhe der Pacht nicht.

Es bedarf auch einiger Tätigkeit, um überhaupt die Chance zu bekommen: Man muss jetzt schon beim Anlegen des Waldgartens mitmachen und dabei herausfinden, ob die Gärtnerei etwas für einen ist.

Für sich allein in seinem Gärtchen wirtschaften, das wird nicht gehen: Alle müssen für den gesamten Kleingartenpark tätig sein. Dafür wird es auch ein Vereinshaus geben, mitsamt Sanitäreinrichtungen.

Unter der Adresse www.urbane-waldgaerten.de kann man mehr über das Projekt erfahren, in dessen Rahmen auch zwei Waldgärten in Kassel entstehen werden.