Berlin-Mitte

Nach versuchter Räumung: Habersaathstraße-Mieter dürfen bleiben!

Vergangene Woche schickte der Eigentümer ein Räumkommando, das mächtig Chaos in der Habersaathstraße stiftete. Doch das Amtsgericht Mitte entschied jetzt zugunsten der verbleibenden Mieter.

Teilen
Eine Anwohnerin debattiert mit der Security -Räumung des Hauses Habersaathstrasse 48 in Berlin am 9. August 2023.
Eine Anwohnerin debattiert mit der Security -Räumung des Hauses Habersaathstrasse 48 in Berlin am 9. August 2023.Emmanuele Contini

Diese Schlagzeile sorgte am 09. August für Wut und Unverständnis: Der neue Eigentümer des Komplexes Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte orderte eine Sicherheitsfirma, um die verbliebenen acht Mieter und einige Obdachlose gegen ihren Willen rauszuschmeißen. Augenzeugen bezeichneten die Aktion, bei der Schlösser ausgetauscht und Waschbecken zertrümmert wurden, als brutal – auch der Begriff „Schlägertrupp “ fiel. Jetzt gibt es für die verbleibenden Bewohner aber ein positives Update.

Amtsgericht Mitte entscheidet zugunsten der Mieter

Am Donnerstag wurde vor dem Amtsgericht Mitte die Räumungsklage gegen den langjährigen Mieter Dr. E. Knop verhandelt, der sich wie seine Nachbarn weigert, seine Wohnung zu verlassen. Zur Info: Ein Immobilien-Unternehmen kaufte den Wohnblock 2017 und hat den Mietern inzwischen gekündigt. Wieso? Der Eigentümer will den Komplex eigentlich abreißen. Wie an vielen Stellen in Berlin soll hier ein schicker Neubau-Komplex mit rund 100 Appartements hochgezogen werden.

Die Begründung der Klage gegen Knop lautete: „Eine Weiterbewirtschaftung im jetzigen Zustand der Immobilie sei ein Minusgeschäft, die Wohnung des Mieters außerdem nicht sein Lebensmittelpunkt und stehe leer.“ Doch davon wollte Richterin Paula Oberndorfer nichts hören: „Selbst wenn es so wäre, darf ein Mieter seine Wohnung nutzen, wie er möchte. Eine Wohnung ist kein Aktienpaket“, zitiert Nachrichtenagentur dpa aus dem Gerichtssaal. Das Unternehmen habe beim Kauf des Gebäudes von den bestehenden Mietverträgen gewusst und auch den Zustand des Hauses gekannt. Außerdem habe das Immobilien-Unternehmen nicht dargestellt, dass es keine andere wirtschaftliche Alternative als einen Abriss gebe.

Kurzum: Die Klage wurde abgewiesen, Dr. E. Knop darf vorerst in der Habersaathstraße wohnen bleiben – auch ein Sieg für die anderen sieben Mieter!

Der Komplex Habersaathstraße nach der versuchten Räumung.
Der Komplex Habersaathstraße nach der versuchten Räumung.Tobias SCHWARZ / AFP

Der Berliner Mieterverein hat geholfen

Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, freut sich mit Mieter Knop: „Wir haben mit diesem Urteil gerechnet, gratulieren der gesamten Hausgemeinschaft und erwarten uns von der schriftlichen Begründung eine Blaupause für die weiteren anhängigen Räumungsverfahren in der Habersaathstraße sowie darüber hinaus in der gesamten Stadt.“

Das war zwar „erst “ das Amtsgericht, doch auch für die kommenden Verfahren ist Bartels optimistisch gestimmt: „Wir rechnen mit guten Chancen für die Mieterschaft auch dann, wenn die Klägerin Berufung beim Landgericht Berlin einlegt.“

Nach Angaben der Gerichtssprecherin gibt es etwa ein halbes Dutzend ähnlicher Verfahren. Der Mieterverein sieht auch für diese Klagen gute Chancen für die Mieterschaft. Das Landgericht schütze ein „immobilienwirtschaftliches Verwertungsinteresse nur in äußerst engen Grenzen“, heißt es.