Dicht an dicht, viele ohne Mundschutz: die Mega-Demo am Alexanderplatz.
Dicht an dicht, viele ohne Mundschutz: die Mega-Demo am Alexanderplatz. imago images

Die Empörung war groß, nachdem vor einer Woche auf dem Landwehrkanal Tausende in Schlauchbooten für den Erhalt der Berliner Clubs demonstrierten. Die meisten Teilnehmer trugen weder Masken noch hielten sie sich an den Mindestabstand von 1,50 Meter, der wegen der Corona-Ansteckungsgefahr verordnet wurde. Ebenso empört waren Politiker und Öffentlichkeit, wenn besorgte Bürger, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikale gegen die Corona-Auflagen protestierten.

Am Sonnabend demonstrierten auf dem Alexanderplatz laut Polizei etwa 15000 Menschen gegen Rassismus. Auch dieses Mal scherten sich die Demonstranten offensichtlich wenig um die Verbreitung des Coronavirus, denn sie standen - auch wenn viele eine Maske trugen - dicht gedrängt. Zu sehen ist dies unter anderem auf einem Selfie, mit dem sich die Grünen-Spitze Antje Kapeck und Silke Gebel unter der Weltzeituhr präsentieren.

Doch dieses Mal wurde die Corona-Verbreitungsgefahr dem besonders guten Zweck untergeordnet, empfinden manche Kritiker. Zu denjenigen, die sich besorgt zu der Demonstration äußern, gehört Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): „Der Kampf gegen Rassismus braucht unser gemeinsames Engagement. Jeden Tag“, schrieb er auf Twitter. „Doch dicht gedrängte Menschenmengen mitten in der Pandemie besorgen mich. Auch bei wichtigen Anliegen gilt: Abstand halten, Alltagsmaske tragen, aufeinander acht geben. Um uns und andere zu schützen."

Die Corona-Regeln helfen nur, wenn sie für alle gelten.“

Bodo Pfalzgraf, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft

Der eher konservative Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, äußerte sich auf Twitter kritisch in Richtung des SPD-Innensenators Andreas Geisel. Er wollte von ihm wissen, ob „die Abstandsregeln heute ausgesetzt“ seien. „Hauptsache wir tragen beim Friseur alle eine Maske.“ Dem Berliner Kurier sagte Pfalzgraf: „Unsere Kinder dürfen noch immer nicht in die Schule. Aber es hört niemand mehr auf die Regeln, wenn solche Beispiele Schule machen. Die Corona-Regeln helfen nur, wenn sie für alle gelten.“

Auch  der innenpolitische Sprecher der FDP, Marcel Luthe, verbreitete ein Statement: „Mit dieser Versammlung hat der Senat endgültig bewiesen, dass es sich bei den sogenannten ‚notwendigen Maßnahmen‘ seiner Corona-Verordnung nicht um Notwendigkeiten, sondern mittlerweile schlichte Willkür handeln muss. Wie will man angesichts derartiger Massenansammlungen die Notwendigkeit massiver Grundrechtseingriffe in der persönlichen Lebensführung noch rechtfertigen?"

Die Polizei war von der großen Teilnehmerzahl offenbar selbst überrascht, und auch davon, wie schnell sich der Alexanderplatz füllte. Sie schloss erst spät die Zugänge zum Platz, als dieser komplett ausgelastet war. Wegen der anwesenden Menschenmenge sei die Kundgebung auf Intervention des Einsatzleiters vorzeitig beendet worden, teilte die Pressestelle mit.

Während der Demonstration twitterte die Polizei noch: „Es ist gut, dass von vielen auf ausreichend Abstand und das Tragen von Mundschutz geachtet wird.“ Angesichts der Fotos, die die Menschenmassen auf dem Alexanderplatz zeigten, wurde diese Bekundung von vielen Followern als Ironie aufgefasst.

Nach der Kundgebung genehmigte der Polizei-Einsatzleiter noch eine Demonstration vom Alexanderplatz zum Strausberger Platz. Als die Teilnehmer anschließend zum Alexanderplatz zurückkehren wollten, wurden sie von Polizisten daran gehindert. Denn der „Alex“ war immer noch voller Menschen. Aufzugteilnehmer hätten darauf mit Schubsereien und Unmutsbekundungen reagiert, teilte die Polizei mit. Es kam zu Festnahmen.