Luftbrücken-Haus : Wer will denn da die Rosinen picken?
Historischer Wohnblock an Investor verkauft. Bewohner fürchten, dass sie verdrängt werden.

Das Haus ist eines der bekanntesten in Berlin. Es liegt am Rand der ehemaligen Einflugschneise zum Flughafen Tempelhof. Während der Luftbrücke 1948/ 1949 setzten hier die Rosinenbomber zur Landung an – über den Köpfen wartender Kinder. Jetzt wurde das Luftbrückenhaus verkauft. Die Bewohner fürchten, dass sie verdrängt werden.
„Es ist eine bedrohliche Situation für alle“, sagt eine 66-jährige Mieterin, die seit Jahren in dem Gebäude an der Leine-/Ecke Oderstraße in Neukölln lebt. Mitte Februar erfuhren die Mieter vom Bezirksamt, dass der alte Eigentümer den Wohnblock mit 164 Wohnungen verkauft hat. „Wir befürchten, zum Objekt für Spekulation zu werden und Mieterhöhungen, die viele zwingen, auszuziehen“, schreiben die Mieter in einer Mitteilung.

Die Bewohnerschaft ist so bunt wie der Bezirk. Hier leben Familien, alleinstehende Frauen mit Kindern, Rentner, Ehepaare und junge Leute in WGs. Die 66-Jährige sagt, sie zahle für ihre 72 Quadratmeter große Wohnung 720 Euro. Wenn sie ihre Wohnung verlassen müsse, werde sie in dem Kiez zu dem Preis keine neue Wohnung mehr finden. Für eine 35-Jährige, die schwanger ist, ist es besonders schwierig. Sie habe sich bisher immer sicher gefühlt, sagt sie. „Die Vorstellung, ein Neugeborenes zu haben und nicht zu wissen, wie es weitergeht, ist beunruhigend.“
Bezirk prüft das Vorkaufsrecht
Noch ist der Verkauf des Luftbrückenhauses nicht rechtskräftig, weil der Komplex in einem Milieuschutzgebiet liegt. Beim Verkauf von Häusern in Milieuschutzgebieten haben die Bezirke zwei Monate Zeit, um in den Kaufvertrag einzutreten, wenn zu befürchten ist, dass die Ziele des Milieuschutzes ausgehebelt werden. Zum Beispiel, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Nicht zum Zuge kommt das Vorkaufsrecht, wenn sich der Käufer verpflichtet, die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten. Eine solche Verpflichtung wird im Behördendeutsch Abwendungserklärung genannt.
Der Bezirk prüfe derzeit das Vorkaufsrecht, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne). Die 35-jährige Schwangere setzt darauf, dass den Mietern des Luftbrückenhauses geholfen wird: „Wir sind optimistisch“, sagt sie.