Die Arena in Friedrichshain ist Berlins größte Veranstaltungshalle. Möglich, dass dort bald  Pause ist.
Die Arena in Friedrichshain ist Berlins größte Veranstaltungshalle. Möglich, dass dort bald Pause ist. Foto: imago images/Future Image

Berlin muss nach Einschätzung von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci mit einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus rechnen. Ob sich Berlin der Empfehlung von Gesundheitsminister Jens Spahn anschließt, der zur Absage von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmer anregt, ist jedoch noch offen. Der Senat will erst heute eine einheitliche Position dazu erarbeiten.

Wie lange diese Strategie noch möglich ist, kann Kalayci jedoch nicht sagen. Wie auch, geht sie doch selbst von einem „kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen aus“. Dafür spreche auch die Entwicklung in Italien. Dort liegt die Zahl der bestätigten Infektionen bei rund 7500, rund 370 Menschen sind gestorben. Natürlich schaue man auf Italien, sagt sie, sie gehe aber nicht von derselben Sterblichkeitsrate aus.

Erkältung: Krankschreibung per Telefon möglich

Wer an einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege leidet, kann sich ab sofort nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt krankschreiben lassen. Darauf weist die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hin. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Arzt Patienten für maximal sieben Tage ausstellen, ohne dass Arbeitnehmer dafür in die Praxis kommen müssen. Die Ausnahmeregel gilt etwa für Erkältungen oder grippale Infekte, aber nicht für Patienten mit schwerer Symptomatik.

Wichtig für die Eindämmung des Virus sei es, sogenannte Hotspots möglichst früh zu identifizieren. Einer dieser Hotspots in Berlin ist bisher offenbar die „Trompete“. In dem Club am Lützowplatz in Tiergarten, den der Schauspieler Ben Becker vor zwei Jahrzehnten eröffnete, hat ein Infizierter am letzten

Sonnabend im Februar 16 andere Gäste angesteckt. Das ist ein Drittel der derzeit in Berlin Corona-Infizierten.

Zwei der in der „Trompete“ Infizierten sind Berliner Polizisten, wie Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag sagte. Mehr als 60 weitere Polizisten seien als Kontaktpersonen ihrer beiden Kollegen nun zu Hause in Quarantäne. Das habe eine Amtsärztin entschieden.

Versorgung mit Schutzausrüstung macht Probleme

Innensenator Andreas Geisel (SPD) betonte, die Polizei sei gut geschützt. Berlin sei weit von einem Katastrophenfall entfernt. „Ich weiß nicht, ob ein Land auf der Erde besser vorbereitet ist als Deutschland.“

Ob das ausreicht, muss sich zeigen. Als einen weiteren Schritt bezeichnet Kalayci die Untersuchungsstellen an Krankenhäusern, die in dieser Woche öffnen werden. Bisher hatte nur die Charité am Campus Rudolf Virchow in Wedding eine Corona-Untersuchungsstelle. Nun sollen fünf weitere folgen. In den Untersuchungsstellen sollen ausschließlich „begründete Verdachtsfälle“ beraten und abgeklärt werden. Dort werde im Zweifel auch getestet. Dies gilt für jeden, der Kontakt zu einem bestätigten Fall hatte oder in einem Risikogebiet war und Symptome hat.

Hertha und Union drohen Geisterspiele.
Hertha und Union drohen Geisterspiele. Foto: imago images/alimdi

Probleme macht die Versorgung mit Schutzausrüstung, diese ist europaweit Mangelware. Vor allem niedergelassene Ärzte, die ebenfalls für die Corona-Bekämpfung benötigt würden, haben oft keine spezielle Ausrüstung, obwohl sie sich selbst darum kümmern müssten, wie Kalayci betont. Dennoch will Berlin nun eine zentrale Beschaffung starten und prüfen, „was auf dem Markt verfügbar“ sei. Aus dem Bestand stelle man bereits Ausrüstung bereit, etwa für den öffentlichen Gesundheitsdienst und für Personal in Pflegeheimen.

Reisebranche leidet unter dem Coronavirus

Ein weiterer Engpass besteht bei der Ausstattung von Betten auf Intensivstationen der Krankenhäuser mit Beatmungsmöglichkeiten. Davon gibt es 1045 in Berlin – laut Kalayci reiche das für den Moment vollkommen aus. Dennoch müsse man die Kapazität dringend erweitern, weil der Bedarf steigen werde.

Bedarf ganz anderer Art haben Vertreter aus Wirtschaft und Industrie angemeldet. Insbesondere die Reise- und Tourismusbranche bekommt die ökonomischen Folgen der Epidemie früher und massiver zu spüren als jeder andere Wirtschaftszweig, berichtet die Industrie- und Handelskammer (IHK). 95 Prozent der Reise- und 90 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen klagen über Auswirkungen auf ihre Geschäfte. Sie benötigten benötigen rasch Unterstützung, schreibt die IHK. Am Montag bat Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zum runden Tisch, um über „erste Ad-hoc-Maßnahmen zur Unterstützung“ zu beraten.

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Ob in Berlin aber tatsächlich Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abgesagt werden, steht noch nicht fest. Zunächst gab es Kritik an Minister Spahn. „Einfach so was in den Raum zu stellen, ist schwierig“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) gestern. Spahn habe seine persönliche Meinung kundgegeben, die Verantwortung überlasse er anderen.

„Aber es gibt keine einheitliche Linie der Bundesregierung. Das hat er sorgfältig vermieden“, sagte Geisel. Und das sei „für eine gute Zusammenarbeit nicht ganz einfach“. Der Senat wolle nun sorgfältig beurteilen und dann Entscheidungen treffen. „Aber ich hätte ganz gerne, dass wir das mit kühlem Kopf machen“, sagte Geisel.