Läden in Lichtenberg helfen Opfern von Gewalt
Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) hat vor, in den nächsten Wochen solche Aufkleber in Cafés, Restaurants, Kneipen und Geschäften in seinem Bezirk zu verteilen.

„Noteingang!“ So steht auf dem regenbogenfarbenen Sticker. Einmal auf Deutsch, aber auch auf Russisch, Vietnamesisch, Englisch, Arabisch und Persisch. Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) hat vor, in den nächsten Wochen solche Aufkleber in Cafés, Restaurants, Kneipen und Geschäften in seinem Bezirk zu verteilen. Die Betreiber sollen ihn an die Fensterscheibe kleben.
Ziel: Wenn ein Mensch auf der Straße attackiert oder überfallen wird, soll er in dem Laden mit dem Sticker Zuflucht finden. Der Ladenbetreiber helfen dann oder wählen einfach den Notruf. „Es geht hier um diskriminierende Übergriffe aller Art. Rassistische, antisemitische, antimuslimische, homophobe und extrem rechte Attacken. Wir haben das bewusst breit fassen wollen“, so ein Sprecher im Rathaus Lichtenberg. Auch Obdachlose, die immer wieder angegriffen werden, sollen so Hilfe erhalten, sagt er.
Wann und wie viele Sticker verteilt in Lichtenberg werden sollen, ist noch nicht ganz klar. Gedruckt wurden sie noch nicht.

Zugegeben: Die Idee ist nicht ganz neu. Vor über zehn Jahren gab es die „Noteingang“-Sticker berlinweit. Sie gerieten aber nach und nach in Vergessenheit. Treptow-Köpenick hat die Aufkleber vor zwei Jahren wieder eingeführt. Neukölln und Pankow zogen vor etwa einem Jahr nach. „Hier finden Sie Hilfe“, steht bloß auf den Neuköllner Aufklebern, das ist der Unterschied. Auf die Frage, warum Michael Grunst jetzt auch die Aufkleber verteilen möchte, erzählt er eine Geschichte, die ihm nicht aus dem Kopf geht. Im Weitlingkiez im Ortsteil Rummelsburg hatten vor zwei Jahren zwei Männer einen Pitbull auf eine Frau und einen Mann gehetzt. Nur weil sie türkischer Abstammung waren. Beide Opfer wurden bei dem Angriff verletzt, die Täter flohen.
„Wir haben in Lichtenberg immer noch Übergriffe und wir wollen die Augen davor nicht verschließen. Die Menschen brauchen eine Grundsicherheit“, so Michael Grunst zum KURIER. Die Fallzahlen seien nicht mehr so hoch wie in den 90er-Jahren, doch das Problem ist eben noch da.
Auf der Webseite „Berliner Register“ werden alle Gewalttaten der Hauptstadt gesammelt. Der Eindruck des Bezirkschefs bestätigt sich beim Blick auf die Webseite. Rechtsextreme, rassistische und andere diskriminierende Vorfälle sind in Lichtenberg von 2018 auf 2019 um fast 15 Prozent gestiegen. Vergleicht man alle zwölf Bezirke in der Statistik miteinander, belegt der Ost-Bezirk immer noch einen der vorderen Plätze.
Michael Grunst will gegensteuern und liest den Leitspruch seiner „Noteingang“-Aktion vor: „Lichtenberg bleibt vielfältig.“