Geht nicht dahin, wo der Pfeffer wächst!
Kai Dräger hat einen dieser Jobs, in denen Homeoffice dauerhaft nicht denkbar ist. Er ist Geschäftsführer des Berliner Gewürzherstellers „Spicebar“ und ständig auf der Suche nach neuen Aromen und Zutaten für seine Würzmischungen. Dafür reist er oft in ferne Länder. Genau das stellt Dräger im Zuge der Krise vor neue Herausforderungen.

Tonkabohnen aus Brasilien, Kardamom und Zimt aus Indien, Pfeffer aus Kambodscha: Die Liste der Länder, aus denen Dräger und sein Team die Rohstoffe beziehen, liest sich so exotisch wie ihre Gewürzmischungen selbst. Im Online-Shop stehen 123 Würzgemische zur Auswahl, darunter Namen wie Kirsch-Kola, Südseetraum oder Zauberstaub.
Doch während der Absatz der bisherigen Gewürze durch die Kochlaune der Deutschen während des Lockdowns stieg, verzögert sich die Entwicklung neuer Zusammenstellungen. „In Kambodscha haben wir einen Mitarbeiter, der normalerweise 80 Tage im Jahr vor Ort ist. Er hat die Rückholaktion genutzt und sitzt jetzt aktuell in Deutschland“, erklärt Dräger. „Nach Indien reisen wir mindestens zweimal pro Jahr, das wird 2020 aber wohl entfallen. In Nepal begleiten wir die Ernte im Herbst immer vor Ort. Ob wir dorthin können, steht in den Sternen, da dort nicht so viele Menschen auf Covid-19 getestet werden können“, sagt Dräger.
Neue Anbaufelder in Griechenland und Bosnien
Nicht nur die Reisen selbst stellen ihn und sein Team vor Probleme. In den letzten Monaten war der Weg für die bestellten Rohstoffe per Luft- oder Seefracht ein holpriger, wie Dräger erzählt: „Wir arbeiten an einem neuen Zitronengras-Gewürz. Dafür brauchten wir ein Muster, um es nach einer Laboruntersuchung freigeben zu können. Auf dieses Paket aus Kambodscha haben wir sehr lange warten müssen. Aus Indien haben wir eine größere Fracht an Muskatnüssen nicht aus dem Land bekommen. Wir haben für die Luftfracht kaum noch Slots bekommen, die Preise sind zudem gestiegen.“ Da die Farmer in den Ländern teilweise speziell für „Spicebar“ produzieren, hat sich das Unternehmen verpflichtet die Rohstoffe auch zu einem späteren Zeitpunkt abzunehmen.
Aus der unübersichtlichen Lage wächst aber auch eine Chance. In Griechenland und Bosnien kommen neue Anbaufelder ins Spiel. „Auf Kreta haben wir eine Fläche für Wild-Oregano zertifiziert, in Bosnien wird ein spezieller Salbei an der Küste gezüchtet, der ein ganz besonderes Aroma hat“, sagt Dräger. Alles, was irgendwie geht, lasse man auch in Deutschland anbauen. „In Brandenburg beispielsweise gedeiht eine Chili-Sorte in einem Gewächshaus“, so Dräger. Die meisten Gewürze würden aufgrund der klimatischen Bedingungen in Deutschland allerdings nicht wachsen.
Kai Dräger hofft darauf, bald auch wieder außerhalb Europas reisen zu können: „Man kann zwar viel per E-Mail oder Smartphone kommunizieren, aber der persönliche Kontakt zu den Menschen in den einzelnen Ländern fehlt einfach. Vertrauensvolle Kooperationen mit den Farmern kann man nicht über Videokonferenzen aufbauen.“