Lichtenberg: Gesprengte Kirchen sollen an einem Bunker wiedererstehen
Der Ostberliner Bezirk will seinen ländlichen Norden für Besucher attraktiver machen – nicht ganz leicht.

Der Plan des Bezirksamts klingt mutig: Der Norden Lichtenbergs soll touristisch erschlossen werden. Da rätseln viele: Was gibt es dort, was Touristen anlocken könnte? Die Antwort: viel Gegend zum Spazierengehen und Radeln. Vor allem fällt auf, das etwas fehlt: Malchow, Falkenberg und Wartenberg haben keine Dorfkirchen mehr, über die eigentlich alle anderen Dörfer verfügen, aus denen Berlin zusammengesetzt ist. Dafür kann man einen Bunker besichtigen.
Die Kirchen waren am 21. April 1945, nur Stunden vor der Eroberung durch die Sowjetarmee, von der Wehrmacht gesprengt worden: Sie sollten dem Feind offenbar weder als Wegmarke noch als Ausguck ins Stadtzentrum dienen können. Nur in Malchow sind noch Reste des Gebäudes auszumachen.

Die Gotteshäuser sollen nicht wieder aufgebaut werden, aber erkennbar werden: als Graffiti auf den Mauern eines kleinen Bunkers, der leicht erhöht in der Wartenberger Feldmark steht, vermutlich eine Beobachtungsstelle war und in der Gegend als „Flakbunker“ bekannt ist.

Hier sollen ein Mahnmal gegen Krieg, ein Rastplatz und ein Aussichtspunkt entstehen, von dem aus man bei guter Sicht bis in die City sehen kann.

Für die Ruine auf dem Malchower Friedhof ist vorgesehen, sie unter Beteiligung des Vereins „Wir für Malchow“ und der evangelischen Kirche zu einem unbedachten Ort für kulturelle Veranstaltungen herzurichten – 2019, zum 675. Jahrestag der ersten Erwähnung des Dorfs in einer Urkunde, gab es hier bereits Fontane-Lesungen: Theodor Fontane, unermüdlicher Brandenburg-Wanderer, hatte die Kirche 1878 besucht.
Bei Falkenberg wird das Konzept etwas profaner: Auf den ehemaligen Rieselfeldern will der Bezirk einen geologischen Lehrpfad einrichten.

Erschlossen werden soll das Gebiet, das an den brandenburgischen Regionalpark Barnimer Feldmark angrenzt, mithilfe von Hinweisschildern. Hoffnung gibt es, dass Radler vom nahegelegenen Fernradweg Berlin–Usedom einen Abstecher machen, wenn entsprechende Wege angelegt sind.
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Die Corona-Einschränkungen lassen die zunächst abseitig wirkende Tourismusidee sinnfällig erscheinen, sagt der Malchower Henning Frenzel (45), der gleich neben der Kirchenruine wohnt: „Die Wartenberger Feldmark und das Malchower Luch werden inzwischen von vielen Ausflüglern aus der Innenstadt zu Fuß und mit dem Fahrrad besucht.“

Denn trotz aller Ländlichkeit ist die Gegend nicht weit von der Innenstadt entfernt, weil die Berliner Landesgrenze hier eine tiefe Delle hat. Vom Alexanderplatz bis ins Dorf Malchow sind es keine zehn Kilometer.
Bis 2023 soll das Tourismuskonzept umgesetzt werden, knapp 700.000 Euro wurden dem Bezirk aus der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur“ vorläufig dafür bewilligt.