Ein Rudell, ein Zaun, zwei Seiten: Die Hirschkuh im Vordergrund lebt in Freiheit, kommt aber jeden tag zu Besuch. 
Ein Rudell, ein Zaun, zwei Seiten: Die Hirschkuh im Vordergrund lebt in Freiheit, kommt aber jeden tag zu Besuch.  Foto: Eric Richard

Der Botanische Volksgarten in Blankenfelde hat einen neuen Publikumsliebling! Eine stattliche Hirschkuh, die mit selbstbewusstem, aber sanftem Blick vor dem dortigen Tiergehege herumstolziert, frisst und sich sogar streicheln lässt. Wohlgemerkt vor, nicht im Tiergehege. Denn das Tier lebt in Freiheit, kommt aber täglich zu Besuch. Und verbringt Zeit mit seiner Familie.

Schon seit Jahren lebt im Botanischen Volkspark am Rande der Stadt ein großes Hirschrudel, hier fehlt es den Tieren an nichts. Doch aus falsch verstandener Tierliebe zerschnitten vor rund zwei Jahren militante Tierschützer den damaligen Zaun und scheuchten die Tiere hinaus. Mit teils schlimmen Folgen: Denn mehrere der Hirsche rannten in den kommenden Wochen über angrenzende Straßen, dabei kam es zu mehreren Unfällen. In der Folgezeit konnten die meisten der Tiere des Rudels zwar eingefangen und wieder zusammengeführt werden, so der zuständige Revierförster zum KURIER.

Hirsche leben in Rudeln

Aber eben nur die meisten – eine besonders freiheitsliebende Hirschkuh hatte sich offenbar an die Freiheit gewöhnt und entkam ihren Häschern ein ums andere Mal. Bis heute wurde sie nicht einfangen. Doch auf seine Familie verzichte möchte das Tier dennoch nicht. Das liegt in seiner Natur: Hirsche sind fast das ganze Jahr über höchst soziale Rudeltiere. Lediglich zur Brunftzeit streifen männliche Hirsche auch alleine durch die Wälder, immer auf der Suche nach passenden Weibchen. Nach der Paarung schließen sich die Tiere aber zügig wieder zu Rudeln zusammen.

Und so möchte auch die Hirschkuh vom Botanischen Volkspark möchte ihr Rudel nicht missen: Jeden Tag kommt sie zum „ihrem“ Gehege, schnuppert durch den grünen Metallzaun an den anderen Hirschen, macht es sich dann gemütlich und legt sich teils stundenlang neben seine Artgenossen. Die vielen Besucher stören die Hirschkuh dabei überhaupt nicht.

Nach Angaben des Försters ist die Kuh mittlerweile so zahm, dass sie sich sogar streicheln lässt. Und selbst wenn ein Kleinkind das Tier mal etwas unbeholfen anfasst, steht die Kuh  zwar auf und entfernt sich leicht genervt einige Meter – allerdings nur, um sich dann hier erneut niederzulassen. Und nicht nur das: laut Revierförster hat das schlaue Tier den in der Nähe des Geheges angebrachten Automaten, an dem Parkbesucher Futter für die Wildtiere kaufen können, immer fest im Blick. Und läuft prompt los, sobald ein freundlicher Mensch eine Münze einwirft und spezielle Hirsch-Leckereien zum Verfüttern kauft. Auch die Futteroption sei vermutlich ein Grund, weshalb die Hirschkuh zahm geworden ist, vermutet der Förster. Doch sie ist nicht nur zahm, sondern auch freiheitsliebend – und schlau.

Freundliche Hirschkuh kommt jeden Tag zu Besuch

Denn während sich das Tier von unbekannten Menschen streicheln lässt, hält es zum Förster und seinem Team Abstand. Sobald der Mann oder seine Mitarbeiter sich der Kuh nähern wollen, hüpft sie davon und verschwindet in einem der nahe gelegenen Waldgebiete. „Sie will sich nicht fangen lassen, das ist Fakt“, so der Förster. Und da von dem Tier keine Gefahr ausgeht, habe man beschlossen, es  in Freiheit leben zu lassen.

Bei allem Verständnis für die Neugierde auf das Tier hat der Förster jedoch eine dringende Bitte: „Aufgrund der Corona-bedingten Kontaktverbote wäre es schön, wenn derzeit nicht zu viele Menschen auf einmal in den Volkspark kommen“. Die freundliche Kuh, ist der Mann überzeugt, wird noch viele Jahre zu sehen sein, wenn sie ihre Familie besuchen kommt. So wie jeden Tag.