Ein Jahr lang keine U-Bahn zwischen Kottbusser Tor und Warschauer Straße
Die BVG muss das Kreuzberger Viadukt sanieren. Auch auf der Oberbaumbrücke wird bald gearbeitet. Dort rückt die Verbreiterung der Radfahrstreifen näher.

Corona hat nichts am Zeitplan geändert. Eine der wichtigsten U-Bahn-Strecken in Berlin muss dringend saniert werden, und das bekommen die Fahrgäste jetzt zu spüren. Von diesem Dienstag an (14. April) rollen zwischen Kottbusser Tor und Warschauer Straße keine U-Bahnen mehr – ein Jahr lang. Fahrgäste müssen auf die Busse des Schienenersatzverkehrs, kurz SEV, oder andere Strecken ausweichen. Doch nicht nur an der Kreuzberger Hochbahn, die normalerweise von den Linien U1 und U3 genutzt wird, stehen nun Arbeiten an. Auch auf der Oberbaumbrücke, die Kreuzberg und Friedrichshain verbindet, ist eine Neuerung in Sicht. Dort rückt die angekündigte, aber bislang nicht terminierte Verbreiterung der Radfahrstreifen näher. „Das soll in den kommenden Wochen geschehen“, teilte Dorothee Winden, Sprecherin von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne), am Montag mit. Folge ist, dass sich Kraftfahrzeuge auf der Brücke mit weniger Platz begnügen müssen – auch die Busse des SEV.
Das stählerne Viadukt, das sich von Ost nach West durch Kreuzberg zieht, war 1902 Schauplatz der ersten U-Bahn-Fahrten in Berlin, die dem öffentlichen Verkehr dienten. „In die Bazillenkutsche kriegt mich kein Mensch mehr rein!“, sagte Robert Koch, der Entdecker des Tuberkulose- und des Cholera-Erregers, als damals der Betrieb begann. Er hatte privat Angst vor ansteckenden Kleinstlebewesen. Kaiser Wilhelm II. fuhr nur einmal U-Bahn und dann nie wieder – angeblich, weil ihm in den engen Wagen die Pickelhaube verrutscht war. Doch obwohl die Fahrpreise für viele Berliner unerschwinglich waren, nahm das neue Verkehrsmittel seinen Aufschwung.
Auf dem Viadukt rollen schon lange keine Wagen zweiter und dritter Klasse mehr. Rauchen ist in den U-Bahnen im westlichen Stadtgebiet inzwischen auch verboten – seit 1978. Die Kreuzberger Hochbahn, die immer mal wieder instandgesetzt wurde, ist in die Jahre gekommen. In der jüngsten Zeit wurde eine Sanierung immer dringlicher.
Elektrische Gelenkbusse ersetzen die U-Bahnen
„Im Juli 2017 wurde bei außerplanmäßigen Instandsetzungsarbeiten das stellenweise Totalversagen der vorhandenen Buckelbleche festgestellt“, stellten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) fest. Buckelbleche: Das sind Eisenbleche mit Vertiefungen, die mit Schotter gefüllt werden, auf dem die Schwellen mit den Schienen ruhen. Totalversagen bedeutet, dass die Situation ernst ist. Zwar beeilte sich die BVG mitzuteilen, dass die Strecke weiterhin betriebssicher sei.
Trotzdem muss nun auch das Viadukt zwischen Görlitzer Bahnhof und Schlesischem Tor auf 755 Meter Länge saniert werden. Eingebaut wird eine feste Fahrbahn, die ohne Schwellen und Schotter auskommt. Auch die Kabel- und Entwässerungskanäle werden erneuert.
Bis April 2021 müssen die Fahrgäste auf den SEV umsteigen. Eingesetzt werden elektrische Gelenkbusse, sagte BVG-Sprecherin Petra Nelken. Natürlich spiele die Coronakrise auch hier eine Rolle: „Wir werden das Fahrgastaufkommen genau beobachten und bei hoher Auslastung versuchen, operativ zusätzliche Fahrzeuge einzusetzen.“ Damit die Busse zügig vorankommen, mussten die übrigen Kraftfahrer bereits Platz abgeben. Busspuren wurden markiert. „Sie können, wie sonst auch, vom Radverkehr genutzt werden“, erklärte Dorothee Winden. „Stadteinwärts verläuft der Bussonderstreifen vom Schlesischen Tor bis zum Kottbusser Tor. Stadtauswärts verläuft der Bussonderstreifen von der Mariannenstraße bis zur Falckensteinstraße“, sagte sie.
Weniger Platz für Kraftfahrzeuge
Die Belange der Radfahrer spielen auch auf der Oberbaumbrücke eine Rolle – und sorgten dafür, dass sich die Gespräche der Senatsverwaltung mit der BVG in die Länge zogen. Erst vor Kurzem einigte man sich auf weitere Verkehrsregelungen, hieß es.
Die angekündigte Verbreiterung der Radfahrstreifen werde nun mit Hochdruck vorbereitet, teilte die Senatsverwaltung mit. Beide Fahrstreifen sollen künftig drei Meter breit sein, jeweils ein Meter breite Sicherheitsstreifen kommen hinzu. Die beiden überbreiten Kfz-Spuren schrumpfen von rund viereinhalb auf jeweils 3,25 Meter.
Da noch einige Verfahrensschritte anstehen, wollte Winden kein exaktes Datum nennen, wann die Radfahrer mehr Platz bekommen. „Doch das Signal, das wir der Radcommunity geben wollen, ist klar: Die Verbreiterung wird jetzt vorbereitet.“ Wie berichtet hatten sich Berliner Radaktivisten darüber beschwert, dass die Radfahrstreifen zu schmal sind - auch angesichts der Standards, die das seit 2018 geltende Mobilitätsgesetz setzt. Ein Aktivist, Jens Blume, legte Widerspruch gegen die straßenverkehrsrechtliche Anordnung ein und drohte mit Klage. Anfang März teilte die Senatsverwaltung dann mit, dass sie die Radfahrstreifen deutlich erweitert - ohne auch nur einen vagen Zeitraum nennen zu können. Nun ist das Projekt konkret geworden.
Man habe darauf geachtet, dass sich der Schienenersatz- und Radverkehr vertragen, hieß es in der Senatsverwaltung. Ein Beispiel: „In Fahrtrichtung Friedrichshain wird auf der Oberbaumstraße vor der Einmündung der Falckensteinstraße in Randlage eine Haltestelle für den SEV eingerichtet“, erklärte Dorothee Winden. „Dort ist ein sehr breiter Radfahrstreifen angeordnet, der mit Zusatzzeichen für den Linienbusverkehr freigegeben wird. Innerhalb dieses sehr breiten Radfahrstreifens können Radfahrende an den haltenden Bussen links vorbei fahren.“
Brücke bleibt in beiden Richtungen befahrbar
In einem nächsten Schritt werde zudem die Umgestaltung der benachbarten Kreuzung Stralauer Allee/ Mühlenstraße auf Friedrichshainer Seite geprüft, sagte die Sprecherin. Der Knotenpunkt soll den verbreiterten Radfahrstreifen angepasst werden.
Wie berichtet, war diskutiert worden, die Oberbaumbrücke in Richtung Friedrichshain für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr zu sperren. Damit SEV-Busse nicht im Stau steckenbleiben, sollten Autos und Lastwagen einen Umweg fahren. Doch Dorothee Winden betonte, dass es nun doch keine Einbahnstraßenregelung geben