Eine Berliner Reederei und ihr eiskalter Rettungsplan
Seit Corona der kleinen Familien – Reederei „Berliner Welle“ ordentlich einen vor den Bug haute, machen der Käpt’n und seine Crew statt Partyboot nun auf Eisbecher.

Wenn sich die „Mieze“ mit ihrem satten Tuckern aus dem Schönebecker Motor dem Ufer am Treptower Park nähert, läuft Stammgästen schon das Wasser im Mund zusammen. Sie wissen, gleich wenn die große Schiffsglocke läutet, gibt’s einen auf die Waffel. Quark-Mohn-Sauerkirsch, Erdnuss-Karamell-Popcorn oder Holunder-Minze für einsfuffzich zum Beispiel. Seit Corona der kleinen Familien – Reederei „Berliner Welle“ ordentlich einen vor den Bug haute, machen der Käpt’n und seine Crew statt Partyboot nun auf Eisbecher.
Die Reederei hat ihr Zuhause im Historischen Hafen Berlin. Ganz in der Nähe der Jannowitzbrücke liegen Golda, Jimmy und Mieze. Normalerweise sind die historischen Schiffe ausgebucht, Menschen feiern Partys auf ihnen, Hochzeiten, Firmenfeiern. Manchmal spucken sie dann fröhlich in die Spree, denn das bringt Glück. Klaus Wowereit hatte sein Abschiedsinterview auf der Barkasse "Jimmy", Anne Will feiert mit ihrem Team regelmäßig ihr Sommerfest auf dem Wasser.
„Bei uns wird gefeiert, gelacht, sich in den Armen gelegen“, sagt Anna-Maria Dahmen (31). Doch mit dem Reeder-Glück war es pünktlich zum Saisonstart Mitte März passé. „Tränchen sind gerollt, aber der Mut hat uns nicht verlassen“, so Dahmen. Weil ihr Mann Julius nicht nur Käpt’n kann, sondern in seiner Landvergangenheit 13 Jahre lang eine Spitzen-Eisdiele betrieb, rührten sie kurzerhand eine neues Konzept zusammen: An den Wochenenden fährt die kleine Familie nun mit der „Mieze“ raus und verkauft selbst gemachtes Eis über die Reling.

Neben „Mieze“, die schon 1927 in Treptow schipperte, betreiben die Dahmens das Salonschiff „Golda“, Baujahr 1931 und die Hamburger Hafenbarkasse „Jimmy“. Alle Schiffe kann man auch jetzt für kleinere Runden buchen. „Badetouren zum Müggelsee oder Sightseeing in der Stadt sind für kleine Gruppen wieder möglich“, sagt Kapitän Julius Dahmen. Die Mannschaft der „Berliner Welle“ schippert derzeit sogar zu Corona-Sonderkonditionen. „Wir freuen uns, überhaupt zu fahren“, sagt Anna-Maria Dahmen.
Bis das Geschäft wieder halbwegs normal läuft, zieht die „Mieze“ wochenends aus zu den Durstigen und Sonnenhungrigen. Der Anker auf dem weiß-blau geringelten Schornstein glänzt golden in der Sonne, der Eis-Wimpel am Bug bläht sich wie ein kleines Segel.