Berliner Verlag

Die Menschen sitzen dicht an dicht an der Spree, gönnen sich ein Eis im Treptower Park, anderswo sieht es nicht anders aus. Gut acht Wochen hat sich Berlin im kompletten Lockdown befunden. Nach den Lockerungen stürmen viele ins Freie. Doch nehmen die Berliner es zu locker? Haben wir Corona besiegt oder droht jetzt eine zweite Infektionswelle?

Helena (29) hat es sich auf der Wiese gemütlich gemacht. „Ich habe den Treptower Park selten so voll erlebt. Es ist schön zu sehen, dass das Leben wieder etwas normaler wird“, sagt die Erzieherin. Neben ihr sitzt ihre Tochter Nina (7). Bei aller Freude sehen Mutter und Tochter jetzt auch: An die noch geltende Abstandsregel von 1,50 Meter hält sich  im Treptower Park kaum einer.

Helena (29) mit Tochter Nina (7). Die Erzieherin hofft, dass die Lockerungen nicht zu früh kommen. 
Helena (29) mit Tochter Nina (7). Die Erzieherin hofft, dass die Lockerungen nicht zu früh kommen.  Foto: Bernd Friedel

Es ist Freitagnachmittag. Der erste Tag, nachdem die Lockerungen beschlossen wurden.   Helena  sagt deshalb nicht ganz sorgenfrei: „Ich hoffe sehr, dass die Lockerungen nicht zu früh kommen und die Infektionszahlen trotzdem weiter sinken.“   Am Mittwoch und Donnerstag hatte der Senat   entschieden: Treffen von zwei Haushalten sind möglich. Ab dem 15. Mai dürfen Restaurants und Cafés wieder öffnen, Kosmetikstudios sind schon wieder auf. Freibäder und Hotels ziehen ab dem 25. Mai nach.

Elf Strafanzeigen und 37 Ordnungswidrigkeiten in der Nacht zu Sonnabend

Dieser Beschluss lässt die Berliner locker werden – und mutig zugleich. Auch im Volkspark Friedrichshain tummeln sich Menschen, stehen am Eisstand an. Auf dem Boxhagener Platz genießen sie ihr Bier am Freitagabend. Viele Kneipen um den Boxi profitieren vom Außer-Haus-Verkauf. Sie wissen aber auch um das Infektionsrisiko. Ein Wirt sagt: „Natürlich hält sich nicht jeder an die Abstände. Die Polizei kommt zu uns und sagt: Wir sollen die Leute ermahnen. Aber wir sind keine Kindergärtner.“

Sabine (56) und Fred (69) aus Pankow: "Langsam muss man mal wieder zum Normalen übergehen. Es ist aber wichtig, dass die Leute nicht übermütig werden
Sabine (56) und Fred (69) aus Pankow: "Langsam muss man mal wieder zum Normalen übergehen. Es ist aber wichtig, dass die Leute nicht übermütig werden Foto: Sabine Gudath
Katia (30, Prenzlauer Berg): "Mit den Lockerungen fühlt es sich wieder ein bisschen mehr wie normales Leben an. Ich war die ganze Zeit im Home Office, seit Montag arbeite ich wieder. In Schichten und mit Mundschutz, aber es läuft. Jetzt noch weiter Abstand halten und gut."
Katia (30, Prenzlauer Berg): "Mit den Lockerungen fühlt es sich wieder ein bisschen mehr wie normales Leben an. Ich war die ganze Zeit im Home Office, seit Montag arbeite ich wieder. In Schichten und mit Mundschutz, aber es läuft. Jetzt noch weiter Abstand halten und gut."

Die Polizei hat dieses Wochenende viel zu tun. In der Nacht zu Sonnabend überprüfte sie sechs Objekte und 262 Personen im Freien. Es kam zu elf Strafanzeigen und 37 Ordnungswidrigkeiten.  

Sonnabend wieder viel Trubel: Der Markt auf dem Kollwitzplatz ist voller Menschen. Sie wirken glücklich, aber vorsichtig. Sabine (56) und Fred (69), mit Mundschutz, sagen: „Langsam muss man mal wieder zum Normalen übergehen. Es ist aber wichtig, dass die Leute nicht übermütig werden.“ David (43) sagt: „Wenn alle aufpassen, geht das gut. Deswegen habe ich auch keine Angst vor einer zweiten Welle.“

Vor einer zweiten Welle warnt Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). Die Pandemie sei nicht vorbei: „Wenn wir jetzt die Maßnahmen lockern, dann muss das mit ganz klaren Regeln einhergehen.“