Amt gegen grüne Oase im Kiez in Pankow
Nach Jahrzehnten friedlicher Nutzung fällt dem Amt auf, dass eine begrünte Terrasse in Pankow im Weg ist. Nun soll sie weg. Dagegen regt sich Widerstand.

Sina Bülau steht auf der Terrasse ihres Traums. Ein eigener kleiner Laden – in Pankow in der Nähe des Schlosses Schönhausen hat sie ihn sich vor zwei Jahren verwirklicht. Über ihr wölbt sich ein eiserner Baldachin im Jugendstildekor. Darunter hat sie ihre Waren drapiert: Kleidung aus zweiter Hand, ein Teil der Erlöse aus deren Verlauf fließ an die Kaspar Hauser Stiftung für Menschen mit Beeinträchtigung. Desweiteren gibt es Dekoartikel für Haus und Garten, Nützliches und Schönes. Sina Bülau hat das Geschäft von der Gesobau gemietet, weil es einen so besonderen Außenbereich hat. Eine grün bepflanzte Terrasse, das historische Dach. Doch seit einigen Monaten kämpft sie um genau die Merkmale, die ihren Laden besonders und von Weitem sichtbar machen.
Im Februar sei das Ordnungsamt das erste Mal gekommen, erzählt die 35-Jährige. Recherchen hätten ergeben, so das Amt, dass es für die hölzerne Terrasse, die schon seit Jahrzehnten an Ort und Stelle ist, keine Genehmigung gebe. Die Gesobau als Hauseigentümerin wurde also vom Bezirksamt beauftragt, sowohl Terrasse als auch Dach zu entfernen. Diese Weisung reichte die Gesobau an Sina Bülau weiter.
Junge Unternehmerin kämpft für ihr Geschäft
Doch die junge Frau will das nicht hinnehmen und setzt alle Hebel in Bewegung, um für den Erhalt des Ensembles zu kämpfen.
Bei einer Unterschriftenaktion kommen über 700 Unterzeichner zusammen, die sich für den Erhalt einsetzen. Seit vielen Jahren kennen die Pankower das Geschäft. Vor Bülau und ihrem Unternehmen befand sich hier ein Blumenhandel, davor zischte man im Kiez in einer Kneipe auf dem Austritt Bier, auch ein Antiquitätengeschäft befand sich hier schon. Nie war die Terrasse jemandem ein Dorn im Auge. Als der Bürgersteig neu gepflastert wurde, legte man die Steine sehr sauber und vor langer Zeit um den hölzernen Austritt herum.

Auch die Gesobau hat Sina Bülau schnell auf ihrer Seite. Das Wohnungsbauunternehmen stellt zwei Anträge auf Nutzung des öffentlichen Straßenlandes. Einen für das Dach, den anderen für die Terrasse. Der Bescheid vom Amt kommt prompt: Das Dach darf nun doch bleiben, aber die Terrasse muss weg.
Amt setzte bisher nicht auf Dialog sondern auf Methode Holzhammer
„Das ist für mich existenzgefährdend“, sagt Sina Bülau. Die üppige grüne Terrasse sorgt für Sichtbarkeit von Hauptstraße aus. Sina Bülau hat Vorschläge gemacht, wie sich ein Kompromiss finden ließe. Ein Spiegel an der Tiefgarageneinfahrt hinter der Terrasse könnte helfen, angeblich habe die Beschwerde eines Anwohners dort den Stein ins Rollen gebracht. Auch wäre sie bereit, die Terrasse zu verkleinern. Doch das Amt unter der CDU-Stadträtin Manuela Anders-Granitzki setzte bisher nicht auf Dialog, sondern auf die Methode Holzhammer. Nach dem Protest will sich die Stadträtin nun aber die Sache noch einmal vor Ort ansehen. Bis dahin ist der Abriss auf Eis gelegt.
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Fragt man die Nachbarn, erwähnen alle eher die Radfahrer, die auf dem engen Gehweg fahren, als Problem, nicht die Terrasse. Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in Pankow, Katja Ahrens, hat sich eingeschaltet und fragt in der BVV nach Sinn oder Unsinn des Abrissbescheids als Ultima Ratio. Wären nicht mildere Mittel zu prüfen gewesen? Gab es überhaupt eine Prüfung des Einzelfalls?
Im Bezirk will man Einzelhändlern nach Corona eigentlich entgegen kommen, wenn es um die Nutzung von Straßenland geht. Auch Sina Bülau hat die monatelange Schließung ihres Geschäfts, kurz nachdem sie es eröffnet hatte, zugesetzt. „Nicht kommunizieren geht nicht“, findet Katja Ahrens. Bürgernähe sähe anders aus.

„Lasst doch einen Menschen einfach seine Arbeit machen“, sagt ein Nachbar, der gerade vorbei kommt und auf eine kleine Mauer am Rande des Terrasse zeigt. „Hier müsste sowieso wieder ein Zaun hin, oder eine Absicherung, nach dem Abriss wäre nichts gewonnen.“ Im Zweifelsfall würde ein gewachsenes Kleinod durch einen schnöden Metallzaun ersetzt.
An einem grünen, gepflegten Fleckchen Erde sollte niemand etwas auszusetzen haben. Das Gegenteil ist auch der Fall! Alle Anwohner erfreuen sich täglich an dem Anblick und sowohl Kunden als auch vorbei laufende Besucher des Schlossparks fotografieren das Ladengeschäft samt Terrasse und Vordach, weil es einfach historisch und wunderschön aussieht. „Es gehört zum Haus, zur Straße, zu Pankow, schreibt Sina Bülau in ihrer Petition.“ Und hofft, dass es so bleibt.