Hertha-Kolumne
Zwischen den Welten: TV-Kommissar ermittelt bei Hertha und Union
Andreas Schmidt-Schaller packt den Spagat zwischen den Mitgliedschaften in beiden Vereinen.

imago images/POP-EYE
Wer ein Alleinstellungsmerkmal besitzt, ist meist stolz darauf. Hertha besaß lange Zeit gleich zwei dieser Besonderheiten: Bis zum Aufstieg des 1. FC Union im Mai 2019 lebte man auch vom Ruhm, der einzige Fußball-Bundesligist der Hauptstadt zu sein – und beinahe eine Ewigkeit war der Klub auch der mitgliederstärkste Verein in Berlin. Auch das ist erst einmal vorbei, seitdem der Landessportbund Berlin (LSB) seine Statistik zum 31. Dezember 2020 veröffentlichte und Überraschendes zu Tage trat: 37.360 Vereins-Mitglieder (Union) zu 37.192 (Hertha) lautete dieser Vergleich.
Unions Zulauf ist enorm und ohne Neid anzuerkennen. Bevor ich Hertha-Reporter wurde, kannte ich beinahe jeden Stein oder jeden Grashalm an der Alten Försterei und fand mit Olaf Seier Ende der 1980er Jahre meinen Lieblingsspieler. Ich erinnere mich gerne daran.
Auch deshalb kann ich gut nachvollziehen, dass die jüngste Erfolgsgeschichte des Klubs viele Berliner fasziniert, die danach den Schritt zum Vereinsmitglied wagten. Auch das Unangepasste und das sorgsam gepflegte Image als ewiger Underdog besitzt große Anziehungskraft. Hinzu kommt, dass eine Mitgliedschaft die Chance auf ein Ticket in der Alten Försterei erhöht, wo die Plätze äußerst knapp geworden sind.
Die lange konkurrenzlose Hertha stand zuletzt eher für Stagnation, träumte groß und spielte schwach. Man versucht sich noch immer am Spagat zwischen der schillernden Geschichte, der großen Tradition und einem modernen Klub, der für alle Berliner anziehend sein soll.
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Mich interessierte nun: Wie ist es eigentlich, das typische Hertha-Mitglied, das zum ersten Mal vorerst in der Minderheit gegenüber dem Union-Mitglied ist? Laut Verein ist es männlich (81 Prozent), im Schnitt 36 Jahre alt und wohnt vor allem in den Stadtbezirken Zehlendorf-Steglitz, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Spandau. Die Mitgliederzahl ist insgesamt stabil, man gewinnt neue Leute, hat aber auch Austritte zu verzeichnen, weil Mitglieder ihre Beitragszahlung eingestellt haben, die dann aus der Statistik gelöscht werden. Man kann nur mutmaßen, ob die finanziellen Probleme, die viele Menschen in der Pandemie belasten, auch zu diesen Austritten führen.
Meist bin ich davon ausgegangen, dass die Formel gilt: Sportlicher Erfolg gleich Zulauf an Mitgliedern. Diese Annahme wird aber bei Hertha nicht untermauert. Die meisten Neueintritte gab es – Achtung! Achtung! – nach den beiden Abstiegen 2010 und 2012. Als es dem Verein dreckig ging, war die Solidarität des Anhangs groß.
Präsident Werner Gegenbauer forderte Ende 2020, binnen vier Jahren auf 50.000 Mitglieder zu kommen. Ich denke, bei Erfolg auf dem Rasen, Bodenständigkeit, weiterem sozialen Engagement in der Stadt und der Pflege volksnaher Aktionen wie „Kieztraining“ oder „Hertha hautnah“ ist das möglich. Doch der Weg bis dahin wird beschwerlich sein.
Meist gilt ja in dieser Stadt: Entweder man ist Unioner oder Herthaner. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Der bekannte Berliner Schauspieler Andreas Schmidt-Schaller ist eine solche. Er ist Mitglied bei Hertha BSC und beim 1. FC Union! Ein seltener Fall! Der Mann spielte in 330 Folgen der ZDF-Serie „SOKO Leipzig“ den Hauptkommissar Hajo Trautzschke. Zuvor ermittelte er in 40 Filmen beim „Polizeiruf 110“ und bekam den Beinamen „Schimanski des Ostens“ verpasst. Lange war Schmidt-Schaller mit Union-Legende Jimmy Hoge befreundet. Union liegt ihm am Herzen. Er sagt: „Der Klub hat aus wenigen Mitteln sehr viel gemacht. Das ist beeindruckend!“
Und Hertha? „Mit Pal Dardai wird der Erfolg zurückkommen. Mit ihm können sich viele Berliner identifizieren. Das wird dem Klub guttun“, ist sich der Künstler sicher.
Der TV-Kommissar kann mit seiner kuriosen Doppel-Mitgliedschaft gut leben. Wenigstens ein Erfolgserlebnis pro Wochenende ist meistens garantiert.