Ex-Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann wollte Krzysztof Piatek im Januar 2020 unbedingt. Elf Tage später war Klinsi weg und Corona da.
Ex-Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann wollte Krzysztof Piatek im Januar 2020 unbedingt. Elf Tage später war Klinsi weg und Corona da. imago images/Perenyi

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Herthas Problemstürmer Krzysztof Piatek (27) ist weg, wieder nur verliehen, diesmal an den italienischen Klub US Salernitana. Der Vertrag des 22-Millionen-Flops bei den Blau-Weißen läuft weiterhin noch bis 2025. Wie konnte es zu diesem desaströsen Transfermissverständnis überhaupt kommen? Die Akte Piatek, es ist ein Rezept des Versagens. Viele Köche verderben den Brei und dann brennt auch noch die Küche ab!

Die Zutaten: Ein naiver 374-Millionen-Investor, ein ungeduldiges Präsidium, ein zaudernder Manager, ein größenwahnsinniger Trainer und obendrauf ein fieser Virus.

Rückblick in den Sommer 2019: Hertha BSC sorgt für die Sensation und hat mit dem Einstieg von Investor Lars Windhorst plötzlich richtig viel Geld, erst 274 Millionen, später noch mal Nachschlag. Große Ziele: Mit dem Geld muss doch nach Jahren der Mittelmäßigkeit etwas ganz Großes entstehen. Windhorst spricht vom unsäglichen Big-City-Klub und holt als Berater Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann an Bord. Im Herbst wird er Trainer. Und in dieser Position fordert er viele teure Stars und überschreitet oft mit Windhorst im Rücken seine Kompetenz.

Klinsmann drängt ab Herbst 2019 auf neue Stars

Herthas Ex-Manager Michael Preetz und Ex-Trainer Jürgen Klinsmann. Zwei, die sich von Tag zu Tag weniger verstanden.
Herthas Ex-Manager Michael Preetz und Ex-Trainer Jürgen Klinsmann. Zwei, die sich von Tag zu Tag weniger verstanden. imago images/nordphoto/Engler

Ex-Manager Michael Preetz ist nicht amüsiert drüber. Er mahnt immer wieder an: „Wir haben Verantwortung für den Verein. Wir müssen mit dem Geld wohl überlegt umgehen.“ Preetz ist kein Freund von teuren Schnellschüssen im Winter, mitten in der Saison. Der Sommer wäre besser für einen Umbruch. Aber plötzlich gilt Preetz als Bremser der Entwicklung.

Nicht nur bei Windhorst und Klinsmann, sondern auch beim Hertha-Präsidium um Ex-Boss Werner Gegenbauer. Der interne Druck auf Preetz wächst. Motto: „Wir haben das Geld, jetzt können wir auch Einkaufen. Micha, mach mal!“ Der Manager, der jahrelang in den mittleren Regalen des Transfer-Supermarktes ziemlich erfolgreich eingekauft und verkauft hatte, gibt klein bei für die großen Stars.

Im Januar 2020 staunt ganz Fußball-Europa: Hertha wird mit den Einkäufen von Matheus Cunha (18 Mio. für Leipzig), Santiago Ascabibar (10 Mio. für Stuttgart), Lucas Tousart (25 Mio. für Olympique Lyon) und eben Krzysztof Piatek (22 Mio. für AC Mailand) der Transfer-Weltmeister. 75 Millionen Ausgaben. Anderthalb Monate später brechen die Preise ein.

Klinsmann schmeißt elf Tage nach Piateks Einkauf hin

Die Welt hat Corona und Klinsmann schmeißt schon vorher hin. Erst jubelt er über seine neuen Spieler und nur elf Tage nach Transferschluss ist er nur noch Geschichte, weil er einfach verantwortungslos geht. Hertha hat teuer eingekauft und ist in der Krise.

Piatek wird zum Synonym der totalen Misswirtschaft. Der Pole kann selbst da am wenigsten für. Mit hohen Versprechungen und dem noch höheren Gehalt von rund 4,5 Millionen Euro wurde er von Klinsmann angelockt. Schnell wird allen klar, dass dieser Stürmer überhaupt nicht ins Spielsystem passt. Klinsmanns zahlreiche Nachfolger Alexander Nouri, Bruno Labbadia, Pal Dardai und Tayfun Korkut schafften es jedenfalls nicht aus dem Pistolero eine Tormaschine zu machen. Ein Knipser, der eigentlich nur im Strafraum auf die Bälle wartet, wird zum großen Schuss in den Ofen. Piateks Bilanz bleibt bescheiden: 56 Bundesliga-Spiele, elf Tore und Hertha weiter in der Krise.

Hertha BSC: Schadensbegrenzung durch Steuerparadies Italien

Von Januar bis Mai 2022 spielte Piatek für den AC Florenz, jetzt heuert er bei US Salernitana an.
Von Januar bis Mai 2022 spielte Piatek für den AC Florenz, jetzt heuert er bei US Salernitana an. imago images/Casentini

Preetz ist auch längst Geschichte und der neue Manager Fredi Bobic zieht wegen Piateks hohem Gehalt die Notbremse und verleiht ihn im Januar 2022 an den AC Florenz mit anschließender Kaufoption. Die Fiorentina nimmt sie aber im Juni nicht wahr. Piatek steht wieder auf der Matte. Für Bobic beginnt das leidige Spiel von vorn. Jetzt ist es Salernitana, wieder ein Leihgeschäft, wieder mit Kaufoption von nur noch 8 bis 10 Millionen Euro, wieder Italien.

Warum gerade das Land? Es ist für Fußballprofis das Steuerparadies mit Vorteil für Hertha. In Italien bezahlen Ausländer nicht mal halb so viel Steuern wie in Deutschland. Heißt: Das Bruttogehalt bei gleichem Netto-Lohn ist wesentlich geringer. Herthas Kostenbeteiligung bei Piateks Gehalt fällt in Italien also wesentlich geringer aus als in anderen Ländern. Bobic versucht alles, um den maximalen Schaden so gering wie möglich zu halten. Doch wenn er Pech hat, geht das Problem nächstes Jahr in die nächste Runde …

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