Große KURIER-Serie: Die Väter des Hertha-Absturzes
Unter Michael Preetz verkam Trainerbank von Hertha BSC zum Schleudersitz
Der KURIER hat eine Rangliste des Versagens bei den Blau-Weißen erstellt. Auf Platz 7: Michael Preetz.

Der Niedergang von Hertha BSC deutete sich über vier Jahre an und endete mit dem Abstieg in die Zweite Bundesliga. Er ist die Folge eines kollektiven Versagens. Dennoch gibt es Protagonisten des Absturzes und Ereignisse, die den tiefen Fall beschleunigten. Die Väter des Absturzes – der KURIER hat die Rangliste des Versagens erstellt. Platz 7: Michael Preetz.
Der schleichende Abstieg von Hertha BSC begann bereits im April des Jahres 2019 und war seinerzeit natürlich noch nicht absehbar. Damals, noch kurz vor Ende der Spielzeit 2018/19, machte Manager Michael Preetz seinen mit dem Wissen von heute falschen Entschluss öffentlich, die Zusammenarbeit mit Cheftrainer Pal Dardai zu beenden. Unter dem Ungarn belegte die Mannschaft seit 2015 die Plätze 15, 7, 6, 10 und 11 und geriet nie in Abstiegsgefahr.
Hertha galt als eine gute Mittelfeld-Mannschaft, stabil und mit Potenzial nach oben. Das reichte Preetz und der Klubführung nicht mehr aus. Im Mai gab der Manager bekannt, dass nun der bisherige Nachwuchstrainer der U23, Ante Covic, die Profis übernehmen wird. Der Grund für den Trainerwechsel: Man wolle attraktiveren und offensiveren Fußball spielen lassen – und natürlich auch erfolgreicher werden.
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Nach nur zwölf Spielen bei Hertha BSC wurde Ante Covic durch Jürgen Klinsmann ersetzt
Das Ende vom Lied ist bekannt: Covic, der bald überfordert war, musste schon nach zwölf Spielen seinen Hut nehmen und wurde überraschend durch Jürgen Klinsmann ersetzt. Es war nicht die erste unglückliche oder falsche Entscheidung von Michael Preetz bei der Auswahl seiner Trainer. Seitdem der einstige Torschützenkönig der Hertha 2009 die Nachfolge von Dieter Hoeneß als Manager angetreten hatte, hat er bis zu seiner Entlassung am 24. Januar 2021 elf Trainer unter Vertrag genommen, was ihn ins obere Drittel der Trainer-Beschäftigungs-Tabelle der Liga katapultierte. Den Schweizer Lucien Favre, noch geholt von Dieter Hoeneß, entließ er 2009, danach folgten die Verpflichtungen von Friedhelm Funkel, Marcus Babbel, Michael Skibbe, René Tretschok, Otto Rehhagel, Jos Luhukay, Pal Dardai, Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri und Bruno Labbadia. Manchen Coach musste Preetz entlassen, wie etwa Skibbe, Babbel oder Luhukay, andere verließen den Verein nach Ende ihres Vertrages. Die Trainerbank bei Hertha aber wurde zum Schleudersitz.
Als Manager wird man neben der Trainerauswahl vor allem auch an den getätigten Transfers gemessen, an der Entwicklung der Mannschaft und natürlich am Abschneiden nach jeder Saison. Michael Preetz, der stets den totalen Rückhalt von Präsident Werner Gegenbauer besaß, hat zahlreiche wichtige Transfers über die Bühne gebracht. 2015 kürte ihn das Fachmagazin Kicker gar zum „Transfer-Meister“, da alle seine wichtigen Zugänge sportlich eine Bereicherung wurden. Das betraf Vedad Ibisevic, Vladimir Darida, Niklas Stark und Mitchell Weiser.
Bevor Investor Lars Windhorst bei Hertha einstieg und der Größenwahn seinen Lauf nahm, hatte Preetz bewiesen, auf dem Transfermarkt ein gutes Händchen zu besitzen. Von 2008/09 an, als er den Managerposten mit einer Schuldenlast übernahm, bis 2018/19 hatte Hertha nur in vier der zehn Spielzeiten eine negative Transferbilanz. Die bewegte sich aber in niedrigen Dimensionen. Mit den Verkäufen etwa von Weiser (für 12 Millionen Euro nach Leverkusen) oder von John Anthony Brooks (für 17 Millionen Euro nach Wolfsburg) konnte er zudem die Klubkasse ordentlich auffüllen.
Preetz-Ansage zu den Windhorst-Millionen: Wenn man nicht schlau handelt, ist das Geld schnell weg
Als die ersten Millionen von Windhorst flossen und sich ganz neue Dimensionen auftaten, sagte Preetz: „Wir werden investieren, aber mit Augenmaß. Wenn man nicht schlau handelt, ist das Geld auch schnell weg!“
Doch diese Vorsätze wurden schnell Makulatur, als Jürgen Klinsmann den Trainerposten übernahm und bei Hertha nur noch ganz groß gedacht wurde. Das Umfeld von Windhorst verpasste der Hertha das Label „Big City Club“. Auch Preetz, der eigentlich „Schritt für Schritt“ nach Europa wollte, ließ sich mitreißen von der neuen Euphorie, die bald in Maßlosigkeit überging.
Der Manager, der Klinsmann bei dessen Präsentation noch als „charismatischen Fußballer und Mann mit enormer Strahlkraft“ begrüßt hatte, konnte sich dem Tempo von Klinsmann und dem Druck von Investor Windhorst nicht entziehen und war so im Januar 2020 im Duo mit dem prominenten Chefcoach für die Transfers von vier Profis zuständig, die 77 Millionen Euro an Ablösesummen kosteten. Wegen ihrer überaus üppig dotierten und sehr langfristigen Verträge belasten sie zum Teil noch heute den Etat und trugen maßgeblich zur finanziellen Krise bei. Die Erwartungshaltungen außerhalb und innerhalb des Vereins stiegen in unrealistische Höhen, die auch Preetz, ab und an als „Bremser“ tituliert, nicht dämpfen konnte.
In Klinsmanns geheimen Tagebüchern kam Preetz gar nicht gut weg
Als Klinsmann schnell die Hertha durch die Hintertür verließ, blieb ein geschockter Preetz zurück. Der Manager wurde später zur Zielscheibe des ehemaligen Bundestrainers, als dieser in seinen „geheimen Tagebüchern“ vor allem Michael Preetz mehr als harsch kritisierte.
Preetz’ Wirken wurde auch erschwert durch die Auseinandersetzungen zwischen Präsident Gegenbauer und Investor Windhorst. Eine schwierige Gemengelage. Mit seinem letzten Trainer, den er verpflichtete – Bruno Labbadia –, wurde der Manager im Januar 2021 gemeinsam entlassen. Kurios: Neuer Trainer wurde Pal Dardai! Da schloss sich ein Kreis …
Michael Preetz hat sich nach dem Abstieg von Hertha BSC im Mai diesen Jahres nach zwei Jahren Abstinenz zum ersten Mal länger öffentlich geäußert und kam in der Dokumentation des RBB „Wilde Jahre in Westend – Der Abstieg von Hertha BSC“ zu Wort. „Ich musste mir Zeit nehmen, die 25 Jahre Hertha BSC zu verarbeiten und sie auch ein Stück weit hinter mir zu lassen.“ Erst jetzt sei er wieder bereit für eine neue Aufgabe.
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