Teil 2: Als Oldie Michael Preetz bei Hertha doch noch die Kiste fand
Lange gilt Michael Preetz in der Bundesliga als Nicht-Tore-tauglich, bei Hertha aber schnappt er sich die Torjäger-Kanone.

Oft geriet Hertha BSC, so wie diesmal im Kampf um den Klassenerhalt durch die Quarantäne, in Not. Fast immer, und das soll Mut machen, ziehen die Blau-Weißen den Kopf aus der Schlinge. Hertha kann Wunder – Nr. 2.
Wer Hertha sagt und an Rekorde denkt, kommt an Michael Preetz nicht vorbei. Dafür stehen in erster Linie nicht dessen elfeinhalb Managerjahre von 2009 bis zu seiner Entlassung am 24. Januar dieses Jahres, sondern die 84 Tore, die der „Lange“ in seinen 196 Bundesligaspielen für die Blau-Weißen erzielt und mit denen er den Uralt-Bestwert von Erich Beer (83 Treffer) ausgelöscht hat.
Als Preetz 1996 nach Berlin kommt, ist daran nicht einmal in den kühnsten Träumen zu denken. Schließlich hat er kurz zuvor, im letzten Saisonspiel für Wattenscheid, ausgerechnet gegen Hertha eine ganz dicke Chance versiebt, die, hätte sie gesessen, das Team um Niko Kovac und den erst 21-jährigen Christian Fiedler aus der 2. Bundesliga herausgeschossen hätte. Auch die Karriere von Preetz bis dahin – bei seinem Wechsel zu den Blau-Weißen ist er fast schon 29 Jahre alt – lässt so etwas nicht vermuten.
Im Bundesliga-Unterhaus hat Preetz nahezu nach Belieben getroffen, eine Etage höher aber nicht. In 61 Erstligaspielen für Fortuna Düsseldorf und den MSV Duisburg stehen für ihn gerade einmal sieben Tore zu Buche. Daran müssen die Anhänger im Olympiastadion denken, als 1997 der Aufstieg gelingt, der Linksbeiner mit neun Saisontoren vereinsintern jedoch deutlich hinterm gleichaltrigen Sturmpartner Axel Kruse landet, der für seine 15 Buden sogar zwei Spiele weniger braucht.
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Die Pessimisten fühlen sich bestätigt, denn bis zu seinem ersten Bundesligator für die Blau-Weißen braucht es zwölf weitere Spiele und dort, bei einem 3:1 gegen Karlsruhe, auch noch die 90. Minute. Fortan aber, viele denken noch an eine Eintagsfliege, flutscht es. Mit 14 Treffern ballert Preetz das Team von Trainer Jürgen Röber zum souveränen Klassenerhalt.
Noch besser läuft es ein Spieljahr darauf. Als ob es nie eine Ladehemmung gegeben hätte, legt der „Lange“ los, erzielt Buden, von denen er zuvor höchstens hätte träumen können, und schnappt sich mit 23 Treffern klar vor Ulf Kirsten, der für Bayer Leverkusen 19-mal trifft, die Torjägerkanone.
Das Schönste aber: Mit 31 Jahren schafft es Preetz Anfang 1999 als Oldie in das von Erich Ribbeck trainierte DFB-Team. Auch da beweist der Hertha-Angreifer, dass er seinen Torriecher im Alter auch auf höchstem Niveau gefunden hat und erzielt in seinen sieben Länderspielen immerhin drei Buden. Andreas Baingo