Neue Serie: Die Väter des Hertha-Absturzes

Tayfun Korkut erwies sich für Hertha BSC als Fehlgriff von Fredi Bobic

Der KURIER hat eine Rangliste des Versagens bei den Blau-Weißen erstellt. Auf Platz 13: Tayfun Korkut.

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Tayfun Korkut war für Hertha BSC ein einziges Missverständnis.
Tayfun Korkut war für Hertha BSC ein einziges Missverständnis.dpa/Federico Gambarini

Der Niedergang von Hertha BSC deutete sich über vier Jahre an und endete mit dem Abstieg in die Zweite Bundesliga. Er ist die Folge eines kollektiven Versagens. Dennoch gibt es Protagonisten des Absturzes und Ereignisse, die den tiefen Fall beschleunigten. Platz 13: Trainer Tayfun Korkut.

Die Spielzeit 2021/22 begann bereits nach drei Spieltagen und drei Niederlagen mit einer außergewöhnlichen Aussage von Trainer Pal Dardai. Der Ungar, der im Mai nach einem Kraftakt in Corona-Zeiten den Klassenerhalt gesichert hatte, gab nach einer 0:5-Klatsche bei RB Leipzig im August Folgendes zum Besten: „Wahrscheinlich sucht Hertha schon seit langem einen großen Trainer. Pal ist ein kleiner, ein netter Trainer, er hilft solange aus, wie es sein soll.“

Diese Worte gefielen Sportchef Fredi Bobic, der nie auf einer Wellenlänge mit Dardai lag, überhaupt nicht. Sie beschleunigten wahrscheinlich die Suche nach einem neuen Coach. Nach einer 0:2-Niederlage im Derby beim 1. FC Union und anschließendem 1:1 gegen den FC Augsburg war es so weit und Dardai wurde nach 13 Spielen von seinen Aufgaben entbunden – zusammen mit seinem Assistenten Andreas „Zecke“ Neundorf. Dardais Punkteschnitt lag bei ordentlichen 1,08 pro Spiel und die Mannschaft auf Rang 14.

Paukenschlag von Pal Dardai rüttelt Hertha auf

Der Überraschungsnachfolger – den niemand auf dem Zettel hatte – hieß Tayfun Korkut. Dessen Verpflichtung löste im Umfeld des Klubs viele skeptische Reaktionen aus. Der ehemalige türkische Nationalspieler (42 Länderspiele), geboren in Stuttgart, konnte später als Trainer bei seinen Klubs meist nur recht kurze Amtszeiten aufweisen.

Er war in der Liga bei Hannover 96, Bayer Leverkusen (11 Spiele/2 Siege) und beim VfB Stuttgart tätig. Was vielen Beobachtern in Berlin missfiel: seit seiner Entlassung beim VfB Stuttgart im Oktober 2018 (fünf Punkte in sieben Spielen) war der freundliche und sehr aufgeschlossen wirkende Korkut ohne einen neuen Job geblieben. Seine Meriten in der Bundesliga als Trainer waren eher bescheiden zu nennen. Bobic aber schien total überzeugt von seiner Wahl, wollte wohl mit Korkut die Saison ordentlich zu Ende bringen, um später einen renommierteren Coach nach Berlin zu holen.

Dabei begann Korkut, der nur einen Vertrag bis Saisonende unterschrieben hatte, durchaus verheißungsvoll. Er strahlte Elan und Enthusiasmus aus, war eloquent und wollte das Vertrauen von Bobic auf keinen Fall verspielen. Für ihn war der Job bei Hertha auch eine große Chance, wieder ins Blickfeld zu geraten.

Herthas Start unter Korkut war nur ein Strohfeuer

Aus den ersten vier Spielen unter seiner Anleitung wurden sieben Punkte geholt. Darunter waren Siege gegen Arminia Bielefeld (2:0) und ein gefeiertes  3:2 gegen Borussia Dortmund. Doch der positive Trend verkehrte sich schnell ins Gegenteil. Die Berliner Morgenpost schrieb einmal über Trainingseindrücke unter Korkut: „Es war schnell kein Zug mehr drin, keine Spannung, keine Emotionen. Es ging oft larifari zu.“

Korkut selbst hatte nach Niederlagen immer wieder nur eine Erklärung parat: „Das Momentum war nicht auf unserer Seite!“

Nach vier Niederlagen in Serie, darunter einem 1:6 im Olympiastadion gegen RB Leipzig und einer 1:4-Pleite gegen Eintracht Frankfurt – ebenfalls zu Hause – hatte Bobic den Druck auf Trainer und Team erhöht: „Die Gruppe muss eine Mannschaft werden. So schnell wie möglich. Das ist sie aktuell nicht.“

Herthas Sportchef Fredi Bobic (r.) musste einsehen, dass er mit Tayfun Korkut einen Fehlgriff hingelegt hatte.
Herthas Sportchef Fredi Bobic (r.) musste einsehen, dass er mit Tayfun Korkut einen Fehlgriff hingelegt hatte.dpa/Andreas Gora

Das Vertrauen in den Trainer sei intakt, „aber alle wissen, dass wir am Wochenende punkten müssen. Das ist unausweichlich“. Gemeint war das Duell bei Borussia Mönchengladbach am 25. Spieltag. Korkut hielt im Training eine Brandrede und rief „Scheißt auf mich! Es ist eure Zukunft, nicht meine! Ich will, dass ihr gewinnt!“

Hertha beendete das Intermezzo mit Korkut nach 13 Spielen

Doch nach der 0:2-Niederlage in Mönchengladbach und dem Abrutschen auf einen direkten Abstiegsplatz musste auch Bobic die Reißleine ziehen und stellte Korkut frei. Seine Trainerwahl war krachend gescheitert. Die Idee, Korkut könnte aus dem wenig homogenen Kader eine Einheit formen, war sowieso vermessen gewesen.

Bobic hatte sich lange gegen eine Trennung gewehrt, da diese auch ein Eingeständnis war, dass er falsch gelegen hatte. Das Intermezzo mit Tayfun Korkut dauerte nur 13 Spiele an, in denen die Mannschaft neun magere Punkte holte. Als Korkut gehen musste, lag Hertha auf Rang 17, war stark abstiegsgefährdet. Nachfolger Felix Magath blieben acht Spiele zur Rettung. Er benötigte zehn und schaffte in der Relegation im letzten Moment den Klassenerhalt.

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