Herthas Pal Dardai: Deutschland muss verdammt viel rennen
Der Ungar prophezeite bereits vor der EM, dass mit seinem Landsleuten zu rechnen ist. Deutschland verspricht er ein Marathon-Match.

Ganz klar: Durch Ungarn weht ein Wind vergangener glorreicher Zeiten. Mit seinen leidenschaftlichen Auftritten versetzt Deutschlands nächster EM-Gegner (Mittwoch, 21 Uhr) das stolze Fußballland in Ekstase. Hertha-Trainer Pal Dardai verspricht der DFB-Elf von Bundestrainer Joachim Löw ein Marathon-Match.
Dass seine Landsleute bei der EM durchaus die Großen ärgern können, wusste Dardai bereits vor dem Start. „Das ist eine junge Mannschaft, die gerne an das läuferische Limit geht. Und das mögen sie international nicht“, prophezeite Herthas Cheftrainer.
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Ungarn laufen sieben Kilometer mehr als Frankreich
Zu spüren bekam das niemand geringes als der Weltmeister. Obwohl Frankreich beim 1:1 die klar bessere Mannschaft war, kamen die Magyaren dank ihres Kampfes und Konterspiels immer wieder in die Partie – und spulten so satte sieben Kilometer mehr als die Franzosen ab. Zuvor ärgerte Ungarn Europameister Portugal lange Zeit, kassierte beim 0:3 alle Tore erst in den letzten Spielminuten.
Es gab einen schwarzen Ascheplatz, ein Paar Socken, eine Hose, ein T-Shirt für die ganze Woche. Das war hart.
Pal Dardai über seine Zeit als Fußballer in Ungarn.
Die Konsequenz: Ungarn ist trotz aller Abgesänge in der Todesgruppe noch voll bei der Musik dabei, kann mit einem Coup gegen Deutschland das Achtelfinale aus eigener Kraft erreichen. Für Dardai keine große Überraschung: „Sie sind defensiv gut organisiert und haben zwei, drei schnelle Spieler, mit denen sie gut kontern können. Wenn sich niemand verletzt und die Innenverteidigung stabil steht, können sie etwas schaffen“.
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Dass die einst so stolze Fußballnation endlich wieder über viele gute Spieler verfügt, hat für Dardai zwei Gründe: „Nach der sozialistischen Zeit, in der wir stark abgebaut haben, kam mit Viktor Orban (von 1998 bis 2002 und seit 2010 Präsident) jemand, dem der Sport heilig ist. Er hat alles modernisiert, überall Akademien bauen lassen. Das ist nicht vergleichbar mit der Zeit, als ich noch in Ungarn gespielt habe. Das war hart. Es gab einen schwarzen Ascheplatz, ein Paar Socken, eine Hose, ein T-Shirt für die ganze Woche.“
Neben den modernen Bedingungen sei sein Erfolg, als er das Land als Nationaltrainer zur EM 2016 führte, extrem wichtig gewesen. Dardai: „Wir waren vorher Jahrzehnte nicht mehr bei den Turnieren dabei. Seitdem ist der Druck nicht mehr so groß.“
Pal Dardai baut auf Stürmer Adam Szalai
Den neuen Schwung soll nun die DFB-Elf zu spüren bekommen. Für Dardai, der wie Herthas Torwart-Legende Gabor Kiraly bei beiden Spielen in der Budapester Ferenc-Puskas-Arena dabei war, wird es in München vor allem auf Mainz-Stürmer Adam Szalai ankommen. Nicht nur wegen seiner körperlichen Präsenz: „Er ist ein Bär. Vor allem aber ein sehr intelligenter und disziplinierter Spieler. Bei ihm beginnt die erste Pressing-Linie. Er spürt, wann wir gut stehen und geht dann drauf.“
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