Herthas gefährliche Enz-Zeitstimmung: Potenz, Lizenz oder Insolvenz?
Herthas 40-Millionen-Anleihe ist der Knackpunkt für die Lizenz, lassen sich die Aktionäre auf den Verlängerungsdeal ein?

Abschiedsrunde in der Bundesliga am Sonnabend für Hertha BSC beim VfL Wolfsburg. Für wie lange die Blau-Weißen nach dem Abstieg nicht mehr im Oberhaus sind, ist völlig offen. Zweite Liga oder gar der totale Absturz wegen Lizenzentzug in die Regionalliga? Die Finanznot ist dramatisch und es wird ein Wettlauf mit der Zeit. Hertha ist in gefährlicher Enz-Zeitstimmung. Lizenz, Insolvenz, Potenz!
Es geht längst nicht mehr darum, teure Profis zu verkaufen, um das Millionen-Euro-Minus der laufenden Saison auszugleichen. Das größere Problem ist die 40-Millionen-Anleihe aus dem Nordic-Bond-Paket, die eigentlich nächsten November ausgezahlt werden muss. Hierfür will die DFL bei der Lizenzvergabe eine klare Sicherheit.
Hertha will nun die Anleihe um zwei weitere Jahre verlängern. Dazu müssen aber zwei Drittel der Aktieninhaber bis zum 19. Juni dafür stimmen. Damit das klappt, schrieb Hertha einen dramatische Mitteilung. Keine Lizenz, dann droht sogar Insolvenz und die Aktien wären nichts mehr wert. Eine Drohkulisse.
Herthas 40-Millionen-Anleihe, die Aktionäre entscheiden bis 19. Juni

Um den Inhabern der Anteile, die Verlängerung schmackhaft zu machen, soll die Rendite von 6,5 auf 8,5 Prozent erhöht werden und außerdem bekommt jeder eine Zahlung von 1 Prozent auf seine Aktienwerte. Das wären 400.000 Euro, die sofort bezahlt werden müssten.
Es ist ein heißer Nervenpoker. Falls es keine Zustimmung gibt, soll angeblich Investor 777 Partners doch noch mit einer vorgezogenen Finanzspritze in letzter Sekunde aushelfen. Hertha lebt so oder so weiter auf Pump.
Gutes Zeichen: DFL verlängert Hertha die Lizenzfrist

Was aber Hoffnung macht: Normalerweise hätten die Blau-Weißen bis zum 7. Juni alle Unterlagen zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit bei der DFL abgeben müssen. Die Frankfurter Fußballzentrale verlängerte die Frist auf den 21. Juni. Also zwei Tage nach der Entscheidung der Nordic-Bond-Aktionäre. Dann bleiben noch 48 Stunden …
Hertha hat eine Nachspielzeit bei der Lizenzvergabe von der DFL bekommen. Die Profis haben die Zusatzminuten in dieser Saison zu oft durch Last-minute-Fehler versemmelt und damit den Abstieg besiegelt, wie zuletzt beim 1:1 in der 94. Minute gegen Bochum. Das darf Präsident Kay Bernstein, Geschäftsführer Tom Herrich und Sportdirektor Benjamin Weber auf gar keinen Fall passieren.
Hertha ist ein großer, stolzer Verein. Neben der Lizenz und Insolvenz gibt es da auch die Potenz des Klubs. Eine Rückbesinnung und eine genaue Analyse der letzten drei Jahrzehnte sollte jedem klar werden lassen, dass nur Herthas Nachwuchs und die tollen Fans den Klub retten können.
1993 weckten die Pokalbubis den schlafenden Riesen, jetzt liegt er im Koma

Es gibt am 16. Juni das 30-jährige Jubiläum der sensationellen Pokalbubis, die 1993 bis ins Finale (0:1 gegen Leverkusen) stürmten. Herthas Fans füllten das Olympiastadion, um die jugendlichen Amateurkicker anzufeuern. Ganz Deutschland fieberte mit den jungen Helden.
Der damalige Sportrechtevermarkter Ufa erkannte das Potenzial des Klubs und gab nur ein Jahr später etliche Millionen. Der schlafende Riese, so war damals die gängige Umschreibung, wurde wachgekitzelt. 1997 war Hertha wieder in der Bundesliga. Jetzt liegt der schlafende Riese als Intensivpatient im Koma. Nur schnelle Finanzinfusionen können ihn retten …
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