Die Spieler haben ein gutes Verhältnis zu Trainer Sandro Schwarz. Doch leider hat Hertha BSC zu wenig Punkte und steckt mal wieder mitten im Abstiegskampf.
Die Spieler haben ein gutes Verhältnis zu Trainer Sandro Schwarz. Doch leider hat Hertha BSC zu wenig Punkte und steckt mal wieder mitten im Abstiegskampf. Koch/imago images

Hertha BSC hat bislang im Abstiegskampf für ein Novum gesorgt: Als einziger Klub im Tabellenkeller der Bundesliga hat die Führung um Präsident Kay Bernstein und Sportdirektor Benjamin Weber nicht den Trainer gewechselt. Das ist untypisch für einen Verein, der seit Sommer 2019 insgesamt acht Cheftrainer beschäftigte und im Dauerkrisenmodus arbeitet. Das Festhalten an Sandro Schwarz neun Spieltage vor Saisonschluss kann man positiv bewerten nach der Devise „Hertha behält die Ruhe“ – oder auch kritisch sehen, weil ein neuer Coach auch frische Kräfte freisetzen könnte.

Ich habe seit 1990 stattliche 27 Cheftrainer bei Hertha erlebt und bin mir nicht sicher, welcher Weg der richtige ist. Mancher Trainerwechsel erwies sich einst als Glücksfall, so wie die Verpflichtung von Hans Meyer in der Not im Jahr 2004 oder die von Pal Dardai, der Anfang 2015 Jos Luhukay ablöste. Andere Trainer-Rochaden gingen total nach hinten los, wie die Auftritte von Michael Skibbe im Januar 2012 oder von Tayfun Korkut ab November 2021.

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Hertha BSC: Noch hält sich 777 Partners zurück

777-Boss Josh Wander präsentierte sich bisher smart. Wird er auch hart?
777-Boss Josh Wander präsentierte sich bisher smart. Wird er auch hart? Engler/imago images/nordphoto

Trotz seiner schwachen sportlichen Bilanz (im Schnitt 0,84 Punkte pro Spiel) wird Chefcoach Sandro Schwarz fachlich und menschlich sehr geschätzt. Stürmer Florian Niederlechner sagte nun im Interview mit dem Kicker, die Menschenführung von Schwarz sei top und „die komplette Mannschaft steht hinter ihm.“

Die spannende Frage aber ist: Was passiert, wenn das Team die beiden kommenden brisanten Partien in Freiburg und zu Hause gegen RB Leipzig verliert? Offen ist, wie stark dann der Einfluss des neuen strategischen Partners aus Miami ist. Noch, so ist zu hören, hält sich 777 Partners zurück, soll allerdings intern bereits Kritik angemeldet haben.

Bei 777-Klub FC Sevilla gab es schon drei Trainer

Ich habe die Situation der Cheftrainer bei den wichtigsten anderen Klubs im umfangreichen Portfolio von 777 beobachtet. Der bekannteste und international mit Abstand erfolgreichste Klub ist der 1890 gegründete FC Sevilla, bei dem die Amerikaner 2018 einstiegen. Im Moment steht der sechsmalige Gewinner der Europa League nur auf Rang 14 der Primera Division, spielt eine schwache Saison – und das Trainer-Karussell drehte sich blitzschnell. Im Herbst 2022 wurde Trainer Julen Lopetegui, einst auch Nationaltrainer von Spanien, gefeuert und durch Jorge Sampaoli ersetzt. Der musste nun bereits im März 2023 wieder gehen. Für ihn übernahm Jose Luis Mendilibar.

Beim ebenso traditionsreichen CFC Genua 1893, im Moment auf Platz zwei der Serie B in Italien und mit guten Aufstiegschancen, musste im Dezember vorigen Jahres nach fünf sieglosen Spielen der deutsche Coach Alexander Blessin seine Koffer packen und wurde durch den ehemaligen Nationalspieler Alberto Gilardino ersetzt. 777 ist seit 2021 in Genua am Ball.

Beim belgischen Erstligaklub Standard Lüttich, gegründet 1898, derzeit auf Rang sieben der Jupiler Pro League, wurde nur einen Tag nach dem Einstieg von 777 Partners Trainer Luka Elsner entlassen. Das passierte im April 2022. Seit Juni vorigen Jahres trägt der Norweger Ronny Deila die Verantwortung.

Auch den anderen Traditionsvereinen im Reich der US-Investoren wie Vasco da Gama Rio de Janeiro (1898 gegründet) oder Red Star Paris (1897) will 777 Partners möglichst zu altem Glanz verhelfen, was vor allem bei den Franzosen ein sehr langer Weg sein dürfte. Ein wenig aus dem „Beuteschema“ fällt Melbourne Victory aus Australien, ein Klub, der erst seit 2004 besteht.

Wie stark der Einfluss von 777 Partners bei den Trainerwechseln in Sevilla, Genua und Lüttich war, ist nicht bekannt geworden. Da die Investmentfirma aus Miami aber durchaus Persönlichkeiten mit Fußballkompetenz besitzt, muss Hertha mit Druck des Geldgebers rechnen.

Wenn Sandro Schwarz aber mit der Mannschaft die Kurve bekommt und den Klassenerhalt sichert, könnte er noch sehr lange der Cheftrainer der Hertha sein. Da bin ich mir ganz sicher.

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