Hertha-Kolumne
Hertha BSC hätte endlich mal ein Vereinsmuseum verdient
Im Moment aber kann Hertha von einem modernen Museum nur träumen. Die wichtigsten Reliquien aus 128 Jahren turbulenter Vereinsgeschichte sind in nur zwei Räumen auf dem Olympiagelände verstaut.

Die Helden von einst sind in die Jahre gekommen. Vor wenigen Tagen habe ich mit Uwe Witt telefoniert. Der ehemalige Libero, inzwischen 81, führte jene Hertha-Mannschaft als Kapitän auf den Rasen des Olympiastadions, die vor über 50 Jahren Historisches leistete. Am 18. April 1970 demütigte Hertha das Team von Borussia Dortmund und fegte es mit sagenhaften 9:1 Toren aus der Arena. Das ist bis heute der höchste Sieg einer Hertha-Mannschaft in der Ersten Liga geblieben. Witt sagte mir: „Das ist noch immer ein außergewöhnliches Gefühl, wenn ich an dieses Duell zurückdenke.“ Wolfgang Gayer, heute 77, traf damals viermal, und Torjäger Lorenz Horr, 78, steuerte zwei schöne Treffer bei.
Am Sonnabend kommt wieder Borussia Dortmund nach Berlin. Ich erwarte ein spannendes Spiel, aber kein Duell, das man später als „historisch“ titulieren kann wie jenes von 1970. Höchstens Matheus Cunha schafft einen Hattrick und Krzysztof Piatek kann auch dreimal den „Pistolero“-Torjubel zeigen.
Frank Schurmann, der seit März 2019 das Vereinsarchiv von Hertha leitet, hatte mir das Programmheft vom 9:1-Spiel zugeschickt, auf dessen Titelseite der Dortmunder Nationalspieler Siggi Held prangte. Der fehlte allerdings im Spiel. Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass die Borussia damals auf einige Stammspieler verzichten musste, weil sie mit Fieber im Bett lagen. Vor einer geplanten Mexiko-Reise nach Saisonende waren alle Dortmunder auf Pocken geimpft worden.
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Für Archivar Schurmann aber ist das Spektakel von 1970 ein Ereignis, das in einem künftigen Hertha-Museum einen Platz einnehmen muss. Zu Recht.
Hoffen auf einen Standort im neuen Stadion
Im Moment aber kann Hertha von einem modernen Museum nur träumen. Die wichtigsten Reliquien aus 128 Jahren turbulenter Vereinsgeschichte sind in nur zwei Räumen auf dem Olympiagelände verstaut – mit drei Meter hohen Regalen, wo Schurmann residiert. Er ist dabei, die Utensilien – vom Programmheft über Vereinszeitschriften, Bücher und Fotos bis zu Wimpeln, Vasen, Trikots, Medaillen und Trophäen – zu digitalisieren. Wertvolle Pokale hat Hertha bekanntlich nicht allzu viele zu bieten. Die umfangreiche Digitalisierung des Archivguts wird viel Zeit und auch Geld beanspruchen.
Von modernen Museen wie etwa der „VfL-FußballWelt“ in Wolfsburg, dem „Borusseum“ in Dortmund oder auch der „FohlenWelt“ in Mönchengladbach ist Hertha noch Jahre entfernt. Leider.
Die Idee eines Hertha-Museums existiert beinahe schon so lange wie die Zeit, die Berlin benötigte, um den Flughafen BER fertigzustellen. Es war der ehemalige Präsident Bernd Schiphorst, der das Projekt schon 2006 immer wieder vorantrieb. Zuerst war ein Standort in der City-West nahe des Bahnhofs Zoo angedacht, die Idee wurde aber schnell verworfen. Man wollte näher ran ans Olympiastadion. Dort, in der Tiefgarage Nord der Arena, war ein geeignetes Areal gefunden worden, aber zur Realisierung kam es nicht. Dann sollte das Hertha-Museum im Glockenturm am Maifeld einen würdigen Platz finden. Viel Geld wurde investiert. Doch ein heftiger Wasserschaden samt undichtem Dach ließ auch dieses Projekt platzen. Nun wartet man auf das neue, vereinseigene Hertha-Stadion. Es bleibt eine unendliche Geschichte. Immerhin gibt es ein Museum online. Die Webseite dafür wurde 2009 freigeschaltet.
Die 2017er Sonderaustellung zur Hertha-Historie anlässlich des 125. Geburtstages im Ephraim-Palais im Nikolaiviertel zeigte, wie ein künftiges Hertha-Museum, eine „Hertha-Welt“, aussehen könnte: anschaulich, spannend und mit Geschichte zum Anfassen.
Jetzt aber ist es auch an der Mannschaft, Spiele zu großen Ereignissen zu machen, die einen Platz in einem Hertha-Museum verdienen. So wie etwa das 9:1 gegen Dortmund vor über 50 Jahren. Kleiner Trost für alle traditionsbewussten Herthaner: Auch der BER ist tatsächlich fertig geworden!