Der „goldene Jahrgang 1999“ krönte sich 2018 zum Deutschen Meister der A-Junioren. Außer Jessic Ngankam (2.v.l.) spielt derzeit keiner mehr für Hertha BSC.
Der „goldene Jahrgang 1999“ krönte sich 2018 zum Deutschen Meister der A-Junioren. Außer Jessic Ngankam (2.v.l.) spielt derzeit keiner mehr für Hertha BSC. Horstmüller/imago

Es gibt einen berühmten Spruch, der den Ur-Berliner treffend beschreibt: „Icke icke bin Berlina, wer mir haut, den hau ick wieda!“

Diese schnoddrige Aussage kam mir in den Sinn, als ich an den sogenannten „Berliner Weg“ dachte, den die neue Hertha-Führung als künftigen Kurs ausgerufen hatte. Mit einem gesunden Selbstbewusstsein, der den Berliner allgemein auszeichnet, sollen auch die Spieler agieren und für ihren Verein „brennen“. „Wir brauchen Durchsetzungsvermögen, gepaart mit Berliner Schnauze“, so die Devise von Präsident Kay Bernstein.

Am Sonntagabend trat die Mannschaft in Dortmund sehr mutig auf, zeigte sich widerstandsfähig gegenüber der Spitzentruppe aus dem Revier. Aber am Ende war die individuelle Klasse der Borussia zu groß. Mit Marton Dardai und Jessic Ngankam standen immerhin – ganz im Sinne der neuen Strategie - erneut zwei Hertha-Eigengewächse in der Startelf, später wurde noch Derry Scherhant eingewechselt.

Hertha BSC: Zu wenig Talente schaffen den Durchbruch

Egal, wie der Kampf um den Klassenerhalt, der meiner Meinung nach erneut bis zum letzten Spieltag anhalten wird, für Hertha ausgehen sollte – der Klub muss angesichts finanzieller Erblasten weiter verstärkt auf Berliner Jungs setzen – in einer gesunden Mischung mit erfahrenen Profis aus anderen Klubs.

Prince und Jerome Boateng (r.) standen 2007 gemeinsam im Profikader von Hertha BSC. Zu Stars wurden sie aber bei anderen Klubs. 
contrast/imago
Prince und Jerome Boateng (r.) standen 2007 gemeinsam im Profikader von Hertha BSC. Zu Stars wurden sie aber bei anderen Klubs. 

Fakt ist: Nur mit eigenen Talenten kann man in der Bundesliga keinen Blumentopf gewinnen. Hinzu kommt: der letzte Schritt vom spielstarken Jugendlichen hin zum Profi ist der komplizierteste und braucht einen Trainer, der die neue Strategie der Vereinsführung voll mitträgt.

Hertha BSC: Nur Jessic Ngankam ist vom „goldenen Jahrgang“ noch da 

Fördern und Fordern: Pal Dardai setzte vor allem in seiner ersten Amtszeit als Cheftrainer von Hertha BSC auf den eigenen Nachwuchs. 
Matthias Koch/imago
Fördern und Fordern: Pal Dardai setzte vor allem in seiner ersten Amtszeit als Cheftrainer von Hertha BSC auf den eigenen Nachwuchs. 

Wie schwer es ist, sich als gefeiertes Talent, das die Hertha-Akademie durchlaufen hat, später als Profi zu etablieren, zeigt schon ein Blick auf den „goldenen Jahrgang 1999“, der 2018 souverän Deutscher Meister der A-Jugend wurde. Aus der Endspielelf gegen Schalke 04 steht nur Stürmer Ngankam in der aktuellen Hertha-Bundesligamannschaft. Zu Profis bei der Hertha stiegen immerhin auch Arne Maier (heute FC Augsburg), Dennis Smarsch (FC St. Pauli), Palko Dardai (FC Fehervar), Dennis Jastrzembski (Slask Wroclaw) und Julius Kade (Dynamo Dresden) auf.

Es war Pal Dardai, der in seiner Zeit als Cheftrainer die Jungs aus der Akademie immer im Blickfeld behielt – vor allem aus Überzeugung und auch, weil seine drei Söhne Palko, Marton und Bence dort spielten. Dardai war es auch, dem ein „Mini-Ajax Amsterdam“ auf dem Olympiagelände vorschwebte.

Hertha BSC: Ajax Amsterdam für Pal Dardai ein Vorbild 

In dieser Woche könnte sich Hertha bei einem Besuch in der Alten Försterei Anschauungsunterricht holen. Ajax Amsterdam ist in der Europa League zu Gast beim 1. FC Union. Vor allem das durchgängige attraktive Spielsystem, dass in der Ajax-Akademie, genannt „De Toekomst“ (Die Zukunft), von klein an gelehrt wird, ist vorbildlich.

Jedes Jahr schaffen es Talente bis in die Profi-Elf von Ajax. Zwar verliert der berühmte Klub immer wieder die besten Spieler an die finanzstarke europäische Konkurrenz, nimmt aber stets viele Millionen Euro dafür ein. Soweit ist Hertha noch lange nicht. Aber ein „Mini-Ajax“ könnte ein Ziel für die kommenden Jahre sein.

Nicht auszudenken, Herthas ehemalige Führung hätte viel früher konsequent den nun propagierten Weg eingeschlagen, wäre nicht der Versuchung erlegen, mit den Millionen von Lars Windhorst blitzschnell zum „Big City-Club“ aufzusteigen und überteuerte Profis einzukaufen.

Hertha BSC: Ex-Spieler werden bei anderen Klubs zu Stars

Ein Journalist hat dieser Tage eine Mannschaft aufgestellt unter dem Motto. „Wie ein Berliner Weg hätte aussehen können“. Seine Elf, in der alle außer Rüdiger (der spielte in Zehlendorf) einen Hertha-Hintergrund besitzen, sieht so aus: Marius Gersbeck (heute Karlsruher SC), Julian Eitschberger (Hertha), Jerome Boateng (Olympique Lyon), John Anthony Brooks (TSG Hoffenheim), Antonio Rüdiger (Real Madrid), Nico Schulz (Borussia Dortmund), Kevin- Prince Boateng (Hertha), Robert Andrich (Bayer Leverkusen), Hany Mukhtar (Nashville), Maximilian Philipp (Werder Bremen), Jessic Ngankam (Hertha).

Das wäre eine illustre Truppe, ist aber nur noch eine nette Spielerei mit Gesprächsstoff für den Stammtisch.

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