Neue Serie: Die Väter des Hertha-Absturzes
Geisterkicks und Millionenverluste in der Pandemie trafen Hertha BSC ins Mark
Der KURIER hat die Rangliste des Versagens bei den Blau-Weißen erstellt. Auf Platz 18: das Coronavirus.

Der Niedergang von Hertha BSC deutete sich über vier Jahre an und endete mit dem Abstieg in die Zweite Bundesliga. Er ist die Folge eines kollektiven Versagens. Dennoch gibt es Protagonisten des Absturzes und Ereignisse, die den tiefen Fall beschleunigten. Auf Rang 18: das Coronavirus.
Als Hertha BSC am 25. Spieltag der Saison 2019/20 im Olympiastadion den SV Werder Bremen empfing – Achtung, es war der 7. März 2020 – ahnte niemand, dass es das letzte Bundesligaspiel für längere Zeit mit Zuschauerkulisse sein würde. 58.028 Fans sahen, wie die Mannschaft, trainiert von Alexander Nouri, einen 0:2-Rückstand in ein 2:2-Unentschieden verwandelte. Danach schlug das Coronavirus, dass bereits in Deutschland grassierte, auch in der Bundesliga zu. Erste Fälle, bei denen Spieler aus der Ersten und der Zweiten Liga positiv auf das Virus getestet worden waren, wurden publik.
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Das sich weiter ausbreitende Virus machte natürlich auch vor Hertha BSC nicht halt. Die Berliner meldeten am 17. März den ersten positiv auf Covid-19 getesteten Spieler.
Labbadia ist der Hertha-Coach beim ersten Geisterspiel
Wenige Wochen zuvor hatte in Alexander Nouri, der bisherige Assistent von Chefcoach Jürgen Klinsmann, die Mannschaft übernommen, nachdem Klinsmann Hertha völlig überraschend verlassen und seinen Rücktritt per Facebook kommuniziert hatte. Ein unglaublicher Vorgang. Nouri aber bekam das Team nicht in den Griff, das Richtung Abstiegsplätze abgerutscht war. Wegen der Pandemie, die immer schlimmer wurde, unterbrachen der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Saison für rund zehn Wochen. Hertha nutzte die Zwangspause, um erneut den Trainer zu wechseln.
Bruno Labbadia ersetzte Nouri und durfte Geschichte schreiben, weil er Herthas Coach beim ersten Geisterspiel der Vereinsgeschichte wurde. Zuschauer waren wegen der Pandemie bei den Duellen nicht mehr zugelassen. Labbadia schickte am 16. Mai 2020 vor leeren Rängen in Sinsheim beim Auswärtsspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim eine engagierte Mannschaft auf den Platz. Alle mussten sich erst an die ungewöhnliche Atmosphäre gewöhnen, im Fernsehen war beinahe jedes Wort, dass auf dem Rasen fiel, zu hören. „Das erinnerte an Spiele in der Jugend, eine neue Erfahrung“, sagte Manager Michael Preetz. Hertha gewann mit 3:0.
Vor dem zweiten Geisterspiel, ausgerechnet dem Berliner Derby gegen den 1. FC Union, fand das Abschlusstraining im leeren Olympiastadion statt, um die Profis schneller an die neue Situation zu gewöhnen. Statt 75.000 Zuschauern durften nur ganz wenige Menschen in die Arena (TV-Leute, Ordner etc.). Die Einnahmeverluste betrugen rund drei Millionen Euro. Hertha siegte mit 4:0. In Berlin waren zu diesem Zeitpunkt alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen untersagt. Alle drei noch folgenden Heimspiele fanden ohne Zuschauer statt, insgesamt absolvierte Hertha neun Geisterspiele in Serie und beendete diese außergewöhnliche Saison auf Rang 10.
Anfang Mai aber, also noch während der Saison, die erst Ende Juni zu Ende ging, sorgte Herthas Stürmerstar Salomon Kalou mitten in der Pandemie für einen Eklat. Er postete über Facebook live von seinem Smartphone einen Film direkt aus der Mannschaftskabine, in dem er alle Hygienevorschriften missachtete. Sein Livestream zeigte, wie fahrlässig einige Profis intern mit dem Virus umgegangen waren – vor allem auch er selbst. Hertha suspendierte danach den Ivorer.
Dardai soll Hertha BSC erstmals retten
In der folgenden Spielzeit 2020/21, noch immer von der Pandemie geprägt, durfte Hertha zwei Heimspiele mit jeweils 4000 Zuschauern bestreiten. Beide Duelle gegen Frankfurt (1:3) und Stuttgart (0:2) gingen verloren. Als Labbadia nach 18 Spieltagen wegen Erfolglosigkeit (und 17 Punkten) gehen musste, übernahm Pal Dardai das Traineramt. Dem gelang im Verbund mit Co-Trainer Zecke Neuendorf und Sportdirektor Arne Friedrich – Geschäftsführer Sport Michael Preetz war zusammen mit Labbadia entlassen worden – ein bemerkenswerter Kraftakt angesichts des noch immer grassierenden Virus.

Im April 2021 erwischte das Virus ein halbes Dutzend Spieler, u.a. Marvin Plattenhardt und Dodi Lukebakio, auch die Trainer Pal Dardai und Assistent Admir Hamzagic. Keeper Rune Jarstein lag sogar kurz im Krankenhaus. Dem kompletten Team samt Trainerstab wurde eine 14-tägige Quarantäne verordnet – als erste Mannschaft der Bundesliga überhaupt.
Drei Spiele verschob die DFL nach hinten. Trainiert wurde individuell zu Hause in den Wohnzimmern der Profis – virtuell verbunden mit dem Trainerteam. Danach musste Hertha – mitten im Abstiegskampf – sechs Spiele binnen 19 Tagen austragen. Die Konkurrenten, die inzwischen weiterspielen durften, waren in der schiefen Tabelle enteilt, was den psychischen Druck auf Hertha enorm erhöht hatte. Doch die Mannschaft blieb acht Spiele ungeschlagen und schaffte am vorletzten Spieltag den Klassenerhalt. Ein Meisterstück.
Die Saison 2020/21 beendete Hertha mit einem Verlust von 78 Millionen Euro, die Hälfte davon durch von Corona verursachten Effekten.
Ausgerechnet Corona vermasselt Magath das Hertha-Debüt
Noch einmal – viel später – spielte das Virus ein Rolle. Felix Magath, als Retter im März 2022 acht Spieltage vor Saisonschluss verpflichtet, wurde vor seinem Debüt gegen die TSG 1899 Hoffenheim positiv auf Corona getestet. Sein Assistent, der emotionale Schotte Mark Fotheringham, coachte das Team. Magath aber wurde aus seinem Berliner Hotelzimmer zugeschaltet und gab vor dem Anpfiff und in der Halbzeitpause per Videoschalte seine Anweisungen. Das Team siegte 3:0.
Das Coronavirus aber traf Hertha BSC wirtschaftlich bis ins Mark. Von rund 100 Millionen Euro Verlust berichtete später die Vereinsführung. Die Auswirkungen sind bis heute zu beobachten und haben den finanziellen Niedergang arg beschleunigt.
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