Bruno Labbadia hat müden Herthanern neues Leben eingeimpft.
Bruno Labbadia hat müden Herthanern neues Leben eingeimpft. imago-images/Poolfoto

Vielleicht wundern sich einige Hertha-Fans nach dem grandiosen 4:0-Derbysieg gegen den 1. FC Union: Wie kann es angehen, dass die blau-weißen Profis nach der bisher verkorksten Saison plötzlich Tore am Fließband schießen und kein Gegentor kassieren? Antwort: Es gibt endlich wieder einen Spielfluss zwischen Defensive und Offensive. Möglich macht es der größte Derbysieger, der neue Trainer: Bruno „La Balance“ Labbadia (54).

25 Spiele lang klappte nie viel, obwohl Hertha einen überdurchschnittlich guten Kader hat. Ex-Coach Ante Covic versuchte es mit kompromisslosem Offensiv-Fußball. Das ging nach hinten los. Die Abwehr stand zu oft alleine da. Die Nachfolger Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri nahmen die Blaupause von Pal Dardai, Sicherheitsfußball mit Stärkung der Defensive und zerlegten nebenbei die komplette Hierarchie im Team.

Sinnbildlich stand dafür Vedad Ibisevic (35). Nach außen wurde er nett „Capitano“ genannt und trotzdem war er nur Bankdrücker. Labbadia korrigierte erstmal dieses wirre Ungleichgewicht seiner Vorgänger und stellt fest: „Vedad ist ein Stabilisator für das Team und außerdem ist er Torjäger. So etwas verlernt man nicht.“ Der Vedator traf beim 3:0 in Hoffenheim, im Derby traf er zum 1:0, bereite zwei weitere Treffer vor.

Noch bemerkenswerter ist aber die Spielanlage. Es flutscht wieder zwischen der Defensive und Offensive. Jeder der zehn Feldspieler ist immer in Bewegung. „Ich hatte die Spiele vorher analysiert. Da hatte ich eher das Gefühl, dass zum Beispiel die Innenverteidiger eher nebeneinander statt miteinander spielen. Das sieht jetzt schon sehr viel besser aus. Dedryck Boyata führt seine Nebenmänner sehr gut und Jordan Torunarighas Pässe nach vorne sind sehr wertvoll.“

Das Ganze so schnell hinzubekommen – und dann noch unter widrigen Corona-Trainingsmöglichkeiten mit nur Achter-Gruppen – ist ein echtes Meisterstück. „Wir haben versucht, mit den kleinen Trainingsgruppen Spielsituation zu simulieren. Das war etwas völlig Neues, aber wir lernen alle dazu“, sagt Labbadia. Auch hier bleibt er bei der Pädagogik ein Verfechter der Ausgewogenheit: „Ich habe gemerkt, dass sich die Spieler selbst etwas zu viel Druck machen. Ich habe ihnen dann gesagt, dass nicht alles auf einmal klappen muss. Auch ich muss Kompromisse eingehen. Entscheidend ist in unserer Lage nicht, was ich alles durchsetzen will, sondern das, was die Mannschaft am besten kann.“

Jetzt blickt er mit Stolz zurück und lobt das Team: „Diese Mannschaft ist willig, will dazulernen und hat in den letzten Wochen fokussiert gearbeitet. Alle haben mitgezogen.“ Für Labbadia ist das jetzt aber kein Grund auszuruhen. Er sagt es so: „Wir können damit erstmal zufrieden sein, aber jetzt müssen wir dran bleiben. Mittwoch haben wir das nächste Hammerspiel.“  Auf zum nächsten Balance-Akt bei RB Leipzig.