Bruno Labbadia begeistert bei Hertha BSC.
Bruno Labbadia begeistert bei Hertha BSC. imago-images/PicturePoint

Alle reden über Bruno Labbadia. Ich auch.  Der 54-Jährige ist immerhin der 25. Trainer, den ich seit 1990 als Reporter bei Hertha BSC erlebe. Doch in der Zeit seit dessen Amtsantritt – es sind nun sieben Wochen – kam ich wie alle anderen Kollegen diesem Trainer wegen der Abstandsregeln nicht wirklich nahe. Nicht auf Pressekonferenzen im Medienraum, nicht beim Training und auch nicht nach einem Spiel in den Katakomben des Olympiastadions. Der Mann, der aus einer total verunsicherten Mannschaft in kürzester Zeit und unter schwierigsten Bedingungen ein erfolgreiches und selbstbewusstes Team formte, kommt bislang nur per virtueller Pressekonferenz auf Facebook oder YouTube in mein Wohnzimmer. Ein bisschen wacklig manchmal, aber sympathisch. Diese Distanz ist schade und hoffentlich kein Zustand von ewiger Dauer.

Labbadia hat aus vier Spielen zehn Punkte geholt, drei Siege und ein Remis mit 11:2 Toren! Grandios! Ich habe Statistiken gewälzt und alle Hertha-Trainer seit dem Aufstieg 1997 gecheckt, die wie Labbadia während der Saison in Krisenzeiten die Mannschaft übernommen hatten. Das waren immerhin neun Fußballlehrer von Falko Götz über Otto Rehhagel bis zu Jürgen Klinsmann. Nur einer von ihnen kann mit Labbadia mithalten: Falko Götz. Der hatte am 7. Februar 2002 am 22. Spieltag der Saison 2001/02 Jürgen Röber abgelöst und in den ersten vier Spielen auch drei Siege und ein Remis verbucht und – was für ein Zufall – mit 11:2 Toren. Aber Labbadia muss sich sputen, denn Götz gewann auch noch die nächsten drei Partien!

Wie kommt man nun dem Phänomen Bruno Labbadia näher? Vielleicht durch die Schlagzeilen der letzten Wochen?  Zu Beginn konnte man glauben, der 54-Jährige käme direkt von der Freiwilligen Feuerwehr nach Berlin. „Der unterschätzte Feuerwehrmann“ hieß es oder auch „Mehr als ein Feuerwehrmann“. Später wurde es überschwänglich: „Bruno tut Hertha gut", „Liebling Charlottenburg“ oder „Boah, Bruno!“ Selten hat ein Trainer in der Hauptstadt so schnell ungeheure Anerkennung erfahren wie Labbadia.

Endlich ein klarer Plan

Was mir seit seinem ersten Auftritt gefällt: Er redet unaufgeregt, spricht Probleme klar an, lobt gern und stellt sich hohe, aber realistische Ziele. Als er am zurückliegenden Sonntag der Sendung „Doppelpass“ bei Sport1 zugeschaltet wurde, machte er eine bemerkenswerte Aussage: „Wir haben der Mannschaft vor allem einen klaren Plan gegeben. Die hat danach gelechzt.“ Das trifft es. Seine Vorgänger schafften das nicht. Ante Covic überfrachtete die Spieler mit Informationen, Jürgen Klinsmann zerstörte die Hierarchie. Und Alexander Nouri verwaltete ohne eigene Ideen Klinsmanns Erbe.

Einer, der den Trainer Labbadia eineinhalb Jahre hautnah erlebt hat, ist Lars M. Vollmering, der seit 2016 das „Wölfe-Radio“, den Podcast des VfL Wolfsburg betreibt. „Als Labbadia zu uns kam, fand er einen Scherbenhaufen vor, hat die Faust in der Tasche geballt und vom ersten Tag an mit viel Feuer agiert. Dass er im Mai 2019 das Team sogar in den Europacup führte, haben ihm die Fans hoch angerechnet“, sagte mir der Moderator. Und: „Wenn hoffentlich wieder direkte Kommunikation möglich ist, könnt ihr Berliner Journalisten euch freuen. Labbadia ist sehr korrekt, freundlich und eloquent. Er macht es mit seinem Bruno-Charme." Ich bin gespannt.