Bei einem Abstieg von Hertha BSC würde der Liga einiges fehlen ...
Es ist zwar nicht immer alles schön, was da von den Blau-Weißen produziert wird, aber es war zumindest oft sehr unterhaltsam.

Habe ich etwa etwas verpasst? Haben nicht nur die Briten mit King Charles III. einen König, sondern auch wir Berliner? Eine große Sonntagszeitung hatte nach dem schwer erkämpften 2:1-Sieg der Hertha gegen den VfB Stuttgart „Der König von Berlin“ getitelt und Trainer Pal Dardai symbolisch die Krone aufs Haupt gesetzt, die Charles bei dessen Krönung in London stolz trug. Die Fotomontage gefiel mir durchaus, aber die Krönung von König Pal I. kommt mir viel zu früh. Noch sind drei Duelle oder sogar fünf Spiele zu bestehen, um vielleicht doch noch den Klassenerhalt zu schaffen oder zumindest die Relegation zu erreichen.
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Sollte Dardai die Hertha tatsächlich zum dritten Mal retten, sollte man dem Ungarn ein Denkmal setzen, eine Tribüne im Olympiastadion – wie in England üblich – nach ihm benennen oder auf einer Sänfte durchs Brandenburger Tor tragen. Letzteres wollte einst Manager Dieter Hoeneß mit Trainer Hans Meyer tun, als dieser im Mai 2004 Hertha vor dem Abstieg gerettet hatte. Meyer („Ich bin zu schwer“) nahm zum Abschied lieber „einen Koffer voller Geld“, wie er selbst sagte.
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Man kann nur hoffen, dass Dardai Erfolg hat, denn bei einem Abstieg der Berliner verliert Deutschlands Eliteklasse nicht nur den derzeit mit 130 Jahren ältesten Verein der Ersten Liga, sondern viel, viel mehr. Es könnte langweilig werden ohne die verrückte Hertha, die immer wieder für Überraschungen gut ist. Auf was müsste die Liga nicht alles verzichten?
Ohne Hertha BSC keine Stadtmeisterschaft
Auf den Trainer Pal Dardai, der seine Gewohnheiten vor wichtigen Duellen gern publik macht: Rasen mähen im Garten (dort haben seine drei Söhne Palko, Marton und Bence das Fußballspielen erlernt), eine Weinschorle trinken und eine Zigarre rauchen, die Gegnerbeobachtung im Fernsehen auf eine Halbzeit beschränken und danach ins Bett gehen (Motto: „Wir schauen nur auf uns!“).
Es hieße Abschied nehmen vom ehemaligen Transfer-Weltrekordler Hertha, der im Januar 2020 unter dem Duo Manager Michael Preetz/Trainer Jürgen Klinsmann für vier Profis satte 77 Millionen Euro an Ablösesummen ausgab – so viel wie kein anderer Klub, nicht mal der FC Barcelona oder Manchester City.
Die Liga könnte nicht mehr über den einstigen „Big City Club“ lästern und müsste auf eine Geldverbrennungsmaschine verzichten – von den 374 Windhorst-Euro-Millionen ist nicht mehr viel in der Kasse. Das Gebaren ähnelt stark einem Lotto-Millionär, der in seiner Euphorie sein Geld in kurzer Zeit verpulvert hat.
Tragisch wäre die Tatsache, dass mit dem brisanten Duell der Hertha gegen den 1. FC Union Berlin das letzte Stadtderby der Liga ausfallen müsste. Der bei den Fans beliebte Titel „Stadtmeister“ wäre vakant und die Sticheleien im Vorfeld vorbei.
Herthas Klassenerhalt wäre Dardais Krönung
Mit der Hertha als Absteiger würde das Olympiastadion als attraktives Reiseziel für die gegnerischen Anhänger wegfallen. Zuletzt kamen über 20.000 feierfreudige Fans von Werder Bremen zum Duell gegen Hertha und danach gut 6000 Anhänger des VfB Stuttgart. Sollen die sich künftig stattdessen bei einem Aufstieg von Darmstadt 98 (rund 17.000 Plätze im Stadion am Böllenfalltor) oder vom 1. FC Heidenheim (15.000 Plätze in der Voith-Arena) in den kleinen Stadien um die Tickets streiten? Zudem würde der Zuschauerschnitt in der Liga nach unten rauschen, denn bei Hertha beträgt der Schnitt im Moment starke 52.000 Fans.
Was würde der Liga noch fehlen? Als ein Alleinstellungsmerkmal mit Kay Bernstein der erste und einzige Vereins-Präsident, der eine Vergangenheit als Fan in der Kurve und als Ultra hat. Und auch die beliebte Hymne „Nur nach Hause geh’n wir nicht“ von Frank Zander würde in Liga zwei verschwinden …
Also: Hoffen wir auf den Klassenerhalt unter Pal Dardai, machen ihn danach zum „König von Berlin“! Dann wäre all das Beschriebene sofort Makulatur.
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