Neue Serie: Die Väter des Hertha-Absturzes
Auch der Stadtrivale 1. FC Union schickte Hertha BSC in die Tiefen der 2. Liga
Der KURIER hat die Rangliste des Versagens bei den Blau-Weißen erstellt. Auf Platz 19: der 1. FC Union.

Der Niedergang von Hertha BSC deutete sich über vier Jahre an und endete mit dem Abstieg in die Zweite Bundesliga. Er ist die Folge eines kollektiven Versagens. Dennoch gibt es Protagonisten des Absturzes und Ereignisse, die den tiefen Fall beschleunigten. Teil 2: Der 1. FC Union Berlin!
Sonnabend, 27. Mai 2023: Die Alte Försterei wurde zum Tollhaus, Union schaffte es sensationell in die Champions League – im erst vierten Jahre im Oberhaus! 230 Kilometer weiter westlich, in der Volkswagen-Arena von Wolfsburg, verabschiedete sich Hertha zur gleichen Zeit mit einem 2:1-Sieg beim VfL mit Haltung aus der Bundesliga. Welch krasser Gegensatz. Noch vor einigen Jahren war diese Entwicklung der beiden populärsten und größten Berliner Fußballklubs nicht abzusehen. Die Champions League zurück in Berlin! Ja, da war doch was…
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Hertha BSC erreichte bereits im zweiten Jahr nach dem lang ersehnten Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga 1997 die lukrative europäische Königsklasse unter Trainer Jürgen Röber. 1999/2000 spielte die Mannschaft um Torjäger Michael Preetz, Mittelfeldmann Pal Dardai und Torhüter Gabor Kiraly gegen den AC Mailand, Chelsea London oder den FC Barcelona und war dabei, sich auch international einen Namen zu machen.
Anfang des Jahrtausends war der 1. FC Union für Hertha BSC kein Thema
Wo war Union in der Spielzeit 1999/2000 eigentlich? Das Team spielte in der Regionalliga Nordost und die Gegner hießen etwa Rot-Weiß Erfurt, Eisenhüttenstädter FC Stahl oder Lok/Altmark Stendal. Am Saisonende schaffte Union Rang eins, scheiterte aber unter dem bulgarischen Chefcoach Georgi Wassilew in der Relegation zur Zweiten Bundesliga in dramatischen Duellen am VfL Osnabrück (1:1, 8:9 n. Elfmeterschießen) und an LR Ahlen (1:2). Lang, lang ist es her.
Beinahe parallel zum sensationellen Aufstieg der Unioner vollzog sich der langsame Absturz der Hertha. Jahrzehntelang sonnte sich Hertha BSC als klare Nummer eins im Berliner Fußball, Union aus dem Südosten der Stadt wurde eher belächelt. Die Hertha-Fans nannten die Anhänger der Rot-Weißen die „Waldmenschen“, da sie ja in der Alten Försterei beheimatet sind. Man sah Union als Kiezklub aus Köpenick und sich selbst als d e n Hauptstadtklub.
Zum ersten Mal richtig ernst genommen wurde Union von der großen Hertha, als es zu den Duellen in der Zweiten Bundesliga kam, da Hertha 2010 und 2012 abgestiegen war. 2010/11 jubelten die „Eisernen“ über den bei den Fans so wichtigen inoffiziellen Titel eines „Stadtmeisters“. Nach dem 1:1 an der Alten Försterei siegten die Außenseiter im Olympiastadion mit 2:1. 2012/13 drehte Hertha den Spieß um, gewann 2:1 in Köpenick und schaffte ein 2:2 im Rückspiel.
In diesen vier Begegnungen, die die Stadt elektrisierten, wurden Derby-Helden auf beiden Seiten geboren. Es waren vor allem die beiden glänzenden Freistoßspezialisten Torsten „Tusche“ Mattuschka und der Brasilianer Ronny, die Geschichte schrieben. Einige Jahre thronte der Erstligist Hertha weiter auf Rang eins des Berliner Fußballs, ehe Union der Aufstieg in die Beletage gelang.
Erste Duelle zwischen Hertha und dem 1. FC Union waren nur zweitklassig
Schon beim ersten Berliner Derby in der Ersten Liga am 2. November 2019 – das gab es zuletzt 1976/77 zwischen Hertha und Tennis Borussia (2:0 und 0:2) – begannen sich langsam die Machtverhältnisse zu ändern. Am 10. Spieltag gewann Union an der Alten Försterei mit 1:0. Sebastian Polter hatte den Foulstrafstoß in der 87. Minute eiskalt verwandelt. Herthas Trainer Ante Covic leistete sich einen verbalen Fauxpas. Vor Saisonbeginn für Pal Dardai ins Amt des Chefcoaches gerückt, hatte Covic vollmundig als Ziel verkündet: „Natürlich zwei Derbysiege gegen Union und die Nummer eins in Berlin!“ In der Pressekonferenz nach der 0:1-Niederlage sagte er flapsig: „Die Bundesliga besteht aus 34 Spieltagen und nicht nur aus einem. Ich will jetzt nicht böse klingen, aber kurz auf die Tabelle schauen. Wir sind immer noch vor Union!“

Hertha lag auf Platz 11 und Union auf Rang 14- getrennt durch ein Pünktchen. Zwei Spieltage später verlor Covic seinen Job und wurde durch Jürgen Klinsmann ersetzt. Am Saisonende stand Hertha BSC (Rang 10) bis heute zum letzten Mal vor dem 1. FC Union (Rang 11) – beide punktgleich, Hertha mit dem besseren Torverhältnis. Das Rückspiel gegen die Unioner hatte Hertha aber mit 4:0 gewonnen…
In den folgenden Spielzeiten konnte der einstige „Platzhirsch“ nur noch selten nach den Derbys den Rasen als Sieger verlassen. Seit 2020/21 wurden Erfolge der Unioner beinahe zur Selbstverständlichkeit. Viermal gewann die Truppe von Cheftrainer Urs Fischer und dazu mit 3:2 im DFB-Pokal im Olympiastadion. Das Derby erwies sich für die Herthaner auch als Personal-Killer. In der Spielzeit 2021/22 unterlag Hertha am 12. Spieltag mit 0:2 bei Union. Nur einen Spieltag später und einem 1:1 gegen den FC Augsburg wurde Trainer Pal Dardai von Sportchef Fredi Bobic entlassen.
Das Derby wird Hertha BSC und dem 1. FC Union fehlen
Nach der letzten Pleite im Derby, einem 0:2 im Olympiastadion am 28. Januar 2023, erwischte es Bobic selbst. Nur 2 ½ Stunden nach Spielschluss wurde er von seinen Aufgaben entbunden.
Den unaufhaltsamen Aufstieg der Unioner schaffte der Klub mit nur einem Trainer, dem Schweizer Urs Fischer. Hertha dagegen beschäftigte seit Sommer 2019 acht Fußball-Lehrer.
Vieles, was der 1. FC Union richtig gemacht hat, machte Hertha falsch (Ruhe und Kontinuität in der Vereinsführung und auf der Trainerposition, starke Transfers, die einschlugen, Entwicklung eines großartigen Teamgeistes). Nun hat Union die Hertha nicht nur sportlich weit überholt, der Klub kann auch die meisten Mitglieder aufweisen. Zuletzt hießen die Zahlen 53.115 (Union) zu 46.640 (Hertha).
Fakt ist, die bemerkenswerte Entwicklung in Köpenick lässt den Absturz von Hertha BSC in einem noch krasseren Licht erscheinen und hat diesen auf dem Rasen mit beschleunigt. Dennoch hoffen sie bei Union auf die schnelle Rückkehr von Hertha in die Erste Liga. Das Derby wird erst einmal allen in der Stadt sehr fehlen.
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