Ratgeber Gesundheit

Stress lass nach: So lernen Sie, „Nein“ zu sagen

Nein zu sagen, fällt vielen Menschen schwer. Mit diesen Tipps lernen sie, eine Entscheidung zu treffen, ohne sich einem Druck auszusetzen.

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Nein zu sagen, fällt vielen Menschen schwer. Mit diesen Tipps lernen sie, eine Entscheidung zu treffen, ohne sich einem Druck auszusetzen.
Nein zu sagen, fällt vielen Menschen schwer. Mit diesen Tipps lernen sie, eine Entscheidung zu treffen, ohne sich einem Druck auszusetzen.imago images / Westend61

Es ist eines der ersten Worte, die jedes Baby zu sprechen lernt: Nein! Im Erwachsenen-alter aber scheinen wir diese vier Buchstaben immer schwerer über die Lippen zu bringen. Nein zu sagen fällt schwer. Und genau damit muten wir uns viel zu oft zu viel zu. Stress ist programmiert. Dabei kann man Neinsagen lernen. Dem Partner gegenüber, gegenüber Freunden und sogar dem Chef.

„Eins muss einem klar sein: Jeder Mensch hat nur 24 Stunden Zeit am Tag. Wenn ich etwas verstärke, muss ich wo anders was wegnehmen“, sagt Hans Jürgen Kraux, Leiter des Psychologenteams im Sana Klinikum Lichtenberg.

Wer seiner Freundin zusagt, beim Umzug zu helfen, nur weil er ein Nein nicht über die Lippen bringt, hat folgerichtig weniger Zeit für seine Kinder, den Haushalt oder einfach zum Entspannen. Wer sich hinterher über sein Ja ärgert, hat etwas falsch gemacht.

Eingeschliffenen Muster erschweren das Neinsagen

Um zu verstehen, wann und warum aus einem Nein ein Ja wurde, muss man sich selbst auf die Schliche kommen. „Es ist wichtig, dass man diese Situationen analysiert“, sagt Monika Radecki, die zum Thema „Neinsagen“ Trainingskurse anbietet. Nur wer durchschaut, welche eingeschliffenen Muster ihn am Neinsagen hindern, kann diese in Zukunft bekämpfen.

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Dabei sind die Gründe für ein Ja, zu dem man eigentlich Nein sagen wollte, vielfältig. Man hat Angst, abgelehnt und nicht mehr gemocht zu werden. Man befürchtet Konsequenzen, will nicht herzlos und egoistisch wirken. Anderen tut das Gefühl, gebraucht zu werden, einfach gut. Oder sie haben Angst, etwas zu versäumen.

Zu diesen inneren Ursachen kommt auch noch die Tatsache, dass es uns die anderen oft nicht gerade leicht machen, Nein zu sagen - durch Schmeicheleien, Überrumplung oder gar Erpressung.

Wer das erkennt, kann anders reagieren. Ein wichtiger Tipp: Bitten Sie ruhig um Bedenkzeit. Man muss sich nicht auf der Stelle entscheiden, auch wenn der andere das gerne möchte. Sagen Sie ruhig: „Ich muss darüber einen Moment nachdenken. Ich komme in fünf Minuten zu dir und sage dir Bescheid.“

Was ist ein Ja wirklich wert?

Oft sagen wir vorschnell Ja zu etwas, weil wir schlicht und einfach überrumpelt sind.

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Und noch etwas kann helfen, damit das Nein leichter über die Lippen geht: Machen Sie sich klar, welchen Preis Sie zahlen, wenn Sie Ja sagen. Erinnern Sie sich an unsere Beispiel vom Einstieg mit dem Umzug. Wer Ja sagt, hat weniger Zeit für seine eigenen Bedürfnisse. Ist Ihnen das das Ja wert?

Und auch wenn Beziehungen keine Waren sind, sollte es eine gewisse Balance zwischen Geben und Nehmen geben. Wer dauerhaft mehr gibt als er bekommt, der wird zwangsläufig unzufrieden.

Wer trotzdem Angst vor einem Nein hat, kann es auf die sanfte Tour versuchen. Mitgefühl zu zeigen, hilft immer, sich für das Vertrauen zu bedanken auch.

Ein einfaches, freundliches Nein genügt.
Lange Erklärungen müssen nicht sein.

Coach Monika Radecki

Und vielleicht ist ein halbes Nein eine Option: „Heute kann ich dir leider nicht helfen, morgen bin ich aber gern für dich da.“ Oder: „Ich kann dich leider nicht unterstützen, aber hast du schon einmal drüber nachgedacht ...“ Bieten sie eine Option an.

Das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, ist dabei aber auf jeden Fall ein Fehler: „Ein einfaches, freundliches Nein genügt. Lange Erklärungen müssen nicht sein“, sagt Monika Radecki.

In jedem Fall gilt: Man muss hinter dem Gesagten voll und ganz stehen, damit die Absage authentisch wirkt.

Psychologe Hans Jürgen Kraux weiß, wie schwer es ist, Muster und Alltagsstress zu verändern. „Aber trotzdem muss man es angehen. Meine persönliche Erfahrung ist: Je älter man ist, desto leichter wird es. Vielleicht auch, weil einem manche Dinge egal werden. Sei beliebt? Warum denn? Ist mir egal! Ich bin ein höflicher Mensch, offen und freundlich. Das reicht. Meine Grenzen bleiben bestehen. Das hat mit Unhöflichkeit nichts zu tun, das ist Psychohygiene. Je besser das Selbstbewusstsein ist, desto besser ist das gegen den Stress.“